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Journalisten-BespitzelungMehr als ein T-Opfer

Also doch kein Einzelfall: Die Bonner Staatsanwaltschaft ist auf weitere Journalisten gestoßen, die von der Deutschen Telekom bespitzelt wurden.

Die Telefonverbindungen von mindestens fünf Journalisten sollen überprüft werden sein. Bild: ap

Unerhört, tut uns furchtbar leid, wird nie wieder vorkommen, dürfte aber zum Glück nur ein Einzelfall gewesen sein. In etwa so lässt sich die Reaktion der Deutschen Telekom im Mai auf die konzerneigene Spitzelaffäre zusammenfassen. Um undichte Stellen in der Firmenspitze aufzudecken, hatten Telekom-Mitarbeiter 2005 tausende Verbindungsdaten eigener Führungskräfte des Konzerns mit Nummern von, nun ja, vermeintlich einem Journalisten abgeglichen. Am 14. Mai schaltete Telekom-Chef René Obermann deswegen die Staatsanwaltschaft Bonn ein.

Die hat inzwischen ein paar Monate ermittelt, und siehe da: Die Einzelfall-These implodiert. Das Handelsblatt berichtete am Mittwoch, die Telefonverbindungen von mindestens fünf Journalisten sollen damals überprüft worden sein. Auf Zahlen wollte sich der leitende Oberstaatsanwalt Friedrich Apostel zwar nicht einlassen. Er bestätigte der taz aber: "Es gibt weitere Fälle." Die Journalisten arbeiteten alle "für deutsche Medien", genauer: "Für die schreibende Zunft." In Kürze würden die betroffenen Personen informiert, sodass sie selbst Strafanzeige erstatten könnten.

Bei der Telekom weiß man bislang nichts von weiteren Spitzelopfern. "Wir gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft uns die Namen und andere Details der Ermittlungsergebnisse gibt", sagte ein Sprecher der taz. "Dann können wir uns bei den gegebenenfalls involvierten Personen entschuldigen." Man sei jedenfalls weiterhin an einer "lückenlosen Aufklärung" interessiert.

Die Aufklärungsbemühungen haben auch einen E-Mail-Verkehr zwischen der Konzernsicherheit und einem Mitarbeiter der Mobilfunktochter T-Mobile zu Tage befördert. Darin wird der Mitarbeiter damit beauftragt, die Telefonverbindungsdaten eines Redakteurs des Wirtschaftsmagazins Capital ausfindig zu machen - angehängt ist die Kopie von dessen Visitenkarte. Die E-Mails waren von telekominternen Ermittlern 2007 sichergestellt und der Staatsanwaltschaft übergeben worden. Laut Apostel ein Beweis dafür, dass "Verbindungsdaten zwischen zwei Stellen ausgetauscht wurden".

In den Austausch waren offenbar drei Personen verwickelt. Der Leiter der Konzernsicherheit, Klaus Trzeschan, einer seiner engen Mitarbeiter und der Angestellte von T-Mobile. Allen drohen wegen des Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis bis zu fünf Jahren Haft. Ermittelt wird auch gegen fünf weitere Personen, darunter Ex-Konzernchef Kai-Uwe Ricke sowie den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel.

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