Journalist im Fokus der Justiz: Auf der Suche nach der Quelle
Die Staatsanwaltschaft München muss sich vor dem Landtag für Ermittlungen gegen den Journalisten Hubert Denk rechtfertigen.
MÜNCHEN taz | Der Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf ist ein streitbarer Mann. Mit seinem Abrechnungsverfahren hat er die Krankenkassen möglicherweise um mehrere Millionen Euro betrogen, seit Februar 2012 liegt dem Landgericht Augsburg deshalb eine Anklageschrift vor.
Schottdorf ist auch ein Freund der CSU. Im Juli 2005 hatte er dem damaligen Parteivorsitzenden Edmund Stoiber einen Scheck über 20.000 Euro geschickt. „In der Hoffnung, dass er mithilft, den angestrebten Erfolg zu erreichen“, schrieb Schottdorf dazu ohne weitere Details. Die Staatsanwaltschaft München wertete den Scheck nicht als illegale Parteispende. Dafür ermittelt sie seit fast vier Jahren gegen den Passauer Journalisten Hubert Denk, der über die Spende berichtet hatte. Für dieses Ermittlungsverfahren musste sie sich am Donnerstag auf Antrag der Grünen im Bayerischen Landtag rechtfertigen.
Während Recherchen war Denk an eine Kopie des Schecks gekommen. Woher er das Dokument hat, verrät er nicht. Er will seine Quelle schützen. Die Staatsanwaltschaft vermutet, er könnte den Faxverkehr zwischen Schottdorf und seinen Anwälten abgefangen haben – das ist verboten. Der Journalist erfuhr erst im September 2013, dass gegen ihn ermittelt wird. Die Ermittlungsakte war damals schon über 700 Seiten dick, das Verfahren lief seit mehr als drei Jahren. Ein ungewöhnlicher Aufwand.
„Natürlich respektieren wir die Pressefreiheit“, beteuerte Oberstaatsanwalt Manfred Nötzel am Donnerstag vor dem Rechtsausschuss des Landtags. Dass die Ermittlungen schon so lange dauerten, habe einen einfachen Grund: Parallel laufe ein zweites Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Beamten des LKA.
Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass ein Ermittler die Scheckkopie an Denk herausgegeben haben könnte, und will den Maulwurf finden. „Dem Verdacht auf Verstöße von Polizisten gegen ihre Verschwiegenheitspflicht müssen wir nachgehen“, sagte Nötzel. 36 LKA-Beamte habe seine Behörde dafür befragt, bislang ohne Erfolg.
Den Passauer Journalisten habe die Staatsanwaltschaft vorerst nicht über sein Ermittlungsverfahren informiert, „da wir sonst hätten aufdecken müssen, dass es ein zweites Verfahren gibt“. Dies hätte den Ermittlungserfolg gefährdet. Im Fall Denk habe man erst drei Zeugen vernommen und betreibe viel weniger Aufwand. Eine pure Schutzbehauptung, sagt Denk, die von einem „offensichtlich politisch motivierten Verfahren“ gegen ihn ablenken solle.
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