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■ Das PortraitJossi Sarid

hier Foto Nr. 19

Jossi Sarid, der von Jitzhak Rabin kurz vor Jahresende neuernannte Minister für Ökologie, ist ein 52jähriger in Rehovot (bei Tel Aviv) geborener Politiker und Publizist, der bereits seit 1973 eine prominente Rolle als eigenwilliger militanter Parlamentarier in der Knesset spielt. Er galt oft als das „Gewissen der Nation“ oder ein Enfant terrible, das immer wieder Skandale aufzudecken wagte, die der Machtapparat der Arbeiterpartei, der er ursprünglich angehörte, lieber schweigend übergangen hätte.

Jossi Sarid gehört jetzt der linksliberalen zionistischen, Meretz-Fraktion im Parlament an und ist seit 1984 ein führendes Mitglied der „Ratz“ (Bürgerrecht und Friedensbewegung). Seine politische Karriere begann er jedoch vor dreißig Jahren als Sprecher der damaligen sozialdemokratischen Arbeiterpartei (MAPAI) und dann (zur Zeit des Sechstagekrieges, 1967) als Berater des Ministerpräsidenten Levi Eschkol.

1974 übersiedelte Sarid in die nordisraelische Grenzstadt Kiriat Schmona und arbeitete dort freiwillig als Lehrer.

Sarid ist seit vielen Jahren Mitglied des parlamentarischen Ausschusses für Außenpolitik und Sicherheit und gilt in der Knesset vor allem als erfahrener Spezialist für geheime Sicherheitsfragen. Angesichts seiner besonderen Talente und Erfahrungen verwendeten ihn die Parteien, denen er jeweils angehörte, regelmäßig als ihren Propagandaexperten bei allen Wahlkampagnen.

Heute fragt man sich in und außerhalb der Knesset, ob der glänzende Parlamentarier in seiner neuen Funktion als Minister auch weiterhin streitbar bleibt. Angesichts der einmütigen Anpassung seiner Meretz-Kollegen in der Regierung an die neue Massendeportationsmaßnahmen des Ministerpräsidenten Rabin ist die Frage nicht unberechtigt. Eine Antwort steht noch aus: The proof of the pudding is in the eating.

In der Vergangenheit hat es wiederholt scharfe Zusammenstöße zwischen Sarid und Rabin gegeben. Aber Sarids großer Wunsch blieb: gerade in Rabins Regierung zum Minister zu avancieren.

Wird der charismatische Intellektuelle, der scharfzüngige Nonkonformist Sarid nun zahm, oder läßt er sich nicht so leicht bändigen wie andere Arrivierte, die einmal linksliberale Vorkämpfer der parlamentarischen Opposition waren. Amos Wollin

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