piwik no script img

■ Das PortraitJorge Pomar

Statt Castros Gegner zu unterstützen, so sagte die deutsche Schriftstellerin und langjährige KGB-Agentin Ruth Werner, spende sie lieber Milchpulver für Kubas Kinder. Ihr Kollege Stefan Hermlin hingegen kam zur späten Einsicht: „Kuba ist ein entartetes Regime.“ Den Streit auf dem Treffen des ostdeutschen PEN vor einem Jahr gewannen schließlich die Kritiker des máximo lider der kubanischen Revolution: Der auf der Karibikinsel inhaftierte Jorge Pomar Montalvo, Übersetzer von Günter Grass, Erich Hackl, Hermann Kant und Stefan Hermlin, wurde als Ehrenmitglied in den literarischen Klub aufgenommen. Am Sonntag nun betrat er deutschen Boden. Zurück will der 44jährige nicht mehr.

Wie so viele Kubaner stand auch Jorge Pomar lange Zeit auf seiten der Revolution. Ende der 70er Jahre trat der in einem Armenviertel Havannas aufgewachsene Sohn eines schwarzen Hilfsarbeiters sogar der Kommunistischen Partei bei. Doch als Arnaldo Ochoa, Oberkommandierender der kubanischen Truppen in Afrika, im Juli 1989 vors Exekutionskommando kam, drehte er der Revolution endgültig den Rücken. Castro ließ den populären General, der ihm politisch zu gefährlich wurde, wegen Verstrickung in den Drogenhandel füsilieren.

Übersetzer, Dissident und politischer Flüchtling Foto: Cristina Timón

Im Mai 1991 unterzeichnete Jorge Pomar das „Manifest der Intellektuellen“. Die Hauptforderungen: freie Wahlen, Aufhebung der Reisebeschränkungen, Amnestie für politische Gefangene. Das Regime reagierte mit einer üblen Verleumdung im Parteiorgan, die Pomar mit einem offenen Brief quittierte. Nachdem es Maria Elena Cruz Varela, eine der zehn Erstunterzeichner des Manifests, im November 1991 schließlich gelang, dem spanischen Politiker Manuel Fraga ein Dokument über die Menschenrechtslage auf der Insel zu übergeben, prügelten die „Brigaden der schnellen Antwort“ – eine paramilitärische Truppe – die Lyrikerin und den Übersetzer, die sich in der Gruppe „Criterio alternativo“ zusammengeschlossen hatten, krankenhausreif. Pomar wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Am 9. August dieses Jahres wurde er vorzeitig freigelassen. Auf Einladung des deutschen Übersetzerverbandes kam er – nun politischer Flüchtling – am Sonntag nach Deutschland. Thomas Schmid

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen