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Jetzt muss Krümmel vom Netz

Bundeskabinett schafft Mineralölsteuer für Gas ab. HEW müsste laut Gutachten jetzt drei AKW abschalten  ■ Von Gernot Knödler

Der Druck auf die HEW, ihre Atomkraftwerke (AKW) abzuschalten hat sich verstärkt. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, besonders effiziente Gas-Kraftwerke von der Mineralölsteuer auszunehmen. Damit wären Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) nicht nur wirtschaftlicher als die AKWs Brunsbüttel und Stade, sondern auch als Krümmel. „Im Paket der Ökosteuer steckt Bahnbrechendes“, jubelt deshalb der engergiepolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Axel Bühler.

Wie im Koalitionsvertrag zwischen GAL und SPD vereinbart, hatte die Umweltbehörde gutachterlich prüfen lassen, „ob es wirtschaftlich vertretbar ist, bestehende Kernkraftwerke stillzulegen und stattdessen neu zu errichtende Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke zu betreiben“. Das Gutachten des Ökoinstituts und der LBD-Beratungsgesellschaft wurde Anfang Juli veröffentlicht.

Ergebnis: „Der kurzfristige Ausstieg aus der Kernenergie und die Errichtung von GuD-Kraftwerken ist für die HEW mit deutlichen wirtschaftlichen Vorteilen verbunden.“ Das schnelle Abschalten von Stade und Brunsbüttel wurde „dringend“ empfohlen. Das AKW Krümmel könne „nur unter äußerst optimistischen Annahmen wirtschaftlich betrieben werden“.

Bei ihren Berechnungen hatten die Gutachter einen Gaspreis von 1,2 Pfennigen pro Kilowattstunde unterstellt. Die bis heute gültige Mineralölsteuer war darin nicht enthalten. Sie verteuert das Gas auf 1,56 Pfennige und die Stromerzeugungskosten in GuD-Kraftwerken von vier auf 4,36 Pfennige.

Für Gaskraftwerke, die mindestens 55 Prozent der im Gas enthaltenen Energie in elektrischen Strom umsetzen, will die Bundesregierung jetzt die Steuer abschaffen. Der Energieträger Gas wird damit dem Uran und der Kohle teilweise gleichgestellt. Letztere besteuerte der Fiskus nicht. Die kritische Aktionsärsvereinigung AIDA und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Hamburg haben die Bundesregierung aufgefordert, auch die übrigen Subventionen zugunsten der Atomenergie zu streichen.

GuD-Kraftwerke erreichen einen Wirkungsgrad von 55 bis 60 Prozent, weil sie mit der Abwärme der Gasturbine Dampf erzeugen und damit eine zweite Turbine betreiben. Sie kommen also in den Genuss des Steuererlasses. „Ich schätze, dass damit der Ausstiegsfall für Brunsbüttel und Stade gegeben“, sagt Kristin Heyne, Hamburger Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis90/DieGrünen. Und laut Gutachten dürfte es auch für Krümmel eng werden. „Krümmel steht auf der Kippe“, sagt Axel Bühler von der GAL.

Die Regenbogen-Gruppe in der Bürgerschaft freut sich schon auf die Bürgerschaftssitzung Mitte September: Denn Ende September läuft die Frist aus, zu der die HEW ihre Beteiligung am AKW Brunsbüttel kündigen können. Die Regenbogler erwarten mit Spannung, wie sich die GAL verhalten wird.

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