Japans Olympia-Organisationschef: Goldmedaille für Sexismus
Yoshiro Mori äußert sich frauenfeindlich, aber die Politik hält ihn für unersetzbar. In der angespannten Lage ist er die bequemste Lösung.
Japans oberster Olympia-Manager habe die erste Goldmedaille der Sommerspiele geholt, und zwar in der Disziplin Sexismus – so kommentierten japanische Twitter-Nutzer die frauenfeindlichen Bemerkungen von Yoshiro Mori, Präsident des Organisationskomitees.
Ausschusstreffen mit vielen Frauen dauerten länger, weil sie miteinander rivalisierten und alle sprechen wollten, lautete sein geringschätziger Kommentar zur geplanten Verdoppelung der Frauenquote auf 40 Prozent. Als ein Sturm der Entrüstung in den sozialen Medien losbrach, entschuldigte sich der 83-Jährige nur halbherzig und lehnte einen Rücktritt ab: „Vielleicht bin ich ein altes Fossil, das weggefegt gehört, aber ich habe (für die Spiele) sieben Jahre lang hingebungsvoll gearbeitet“, erklärte er.
Es war auch nicht seine erste chauvinistische Äußerung. Einmal empörte sich der ultrakonservative Politiker, dass kinderlose Frauen im Alter Sozialhilfe bekämen, obwohl sie ein „schönes (kinder-) freies“ Leben gehabt hätten. Ein anderes Mal warf er einer Konkurrentin im Wahlkampf vor, die Opposition habe sie nur wegen ihres „schönen Körpers“ aufgestellt. Als Premier ab April 2000 war er extrem unpopulär und musste nach einem Jahr gehen.
Auch diesmal möchten ihn viele Japaner gerne zum Teufel jagen. Bei einer Umfrage forderten 60 Prozent seinen Rücktritt. Über tausend Japaner beschwerten sich per Telefon und Mail direkt beim Komitee über ihn, fast 400 freiwillige Olympia-Helfer wollen als Zeichen des Protests ihr Ehrenamt nicht mehr antreten. Doch aus Moris Umfeld rüttelte niemand an seinem Stuhl. Für die Olympia-Ministerin und siebenfache Olympia-Teilnehmerin Seiko Hashimoto reicht es aus, wenn er sich nicht wiederhole. Auch das IOC hakte den Vorfall ab.
Mann mit starkem Netzwerk
Das Festhalten an Mori erklärte die Zeitung Mainichi mit dessen starkem Netzwerk: Er saß 43 Jahre im Parlament, gehört der mächtigsten Gruppe in der Regierungspartei LDP an und kennt als langjähriger Rugbyverbands-Chef alle Sportpolitiker und -funktionäre.
Gerade jetzt, wo die Austragung der Spiele erneut auf Messers Schneide steht, will man auf Mori nicht verzichten. Viele halten ihn für „unantastbar“, sagte Kaori Yamaguchi, Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee und Mori-Kritikerin. So auch das IOC – „Die Zusammenarbeit mit einem Diktator läuft eben viel schneller“, so sagt es Yamaguchi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Sensationsfund Säbelzahntiger-Baby
Tiefkühlkatze aufgetaut