Japan in der Rezession: Sony streicht 16.000 Stellen
Japan droht die längste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Regierung erwägt ein Konjunkturprogramm von umgerechnet 170 Milliarden Euro.
TOKIO rtr/dpa Die weltweite Finanzkrise hat Japan tiefer in die Rezession gestürzt als befürchtet. Die exportabhängige Wirtschaft schrumpfte nach amtlichen Angaben vom Dienstag von Juli bis September um 0,5 Prozent. Damit dürfte der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt die längste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg bevorstehen. Die Regierung erwägt laut einem Zeitungsbericht deshalb ein neues Konjunkturprogramm von umgerechnet bis zu 170 Milliarden Euro.
Der Elektronikkonzern Sony reagiert auf den bisherigen Nachfragerückgang infolge der Finanzkrise mit massiven Kostensenkungen und dem Abbau von 16.000 Stellen. Das Unternehmen fährt nach Angaben vom Dienstag zudem seine Investitionen zurück und zieht sich aus unprofitablen Geschäftssparten zurück. Überdies will der Konzern Teile der Produktion auslagern und die Zahl seiner Fabriken reduzieren. Mit dem Paket will Sony umgerechnet rund 850 Millionen Euro (100 Milliarden Yen) einsparen. An welchen Standorten der Arbeitsplatzabbau erfolgen soll, war zunächst unklar. In Deutschland beschäftigt Sony der Internetseite des Konzerns zufolge in den Niederlassungen in Berlin, München, Köln und Stuttgart insgesamt rund 450 Mitarbeiter. Die Sony Deutschland GmbH ist demnach die zweitgrößte Auslandstochter des Mutterkonzerns. Von den 16.000 Stellen, die weltweit wegfallen sollen, sind 8.000 reguläre Arbeitsplätze. Darüber hinaus will der Konzern die Zahl der Zeit- und Leiharbeiter um 8.000 reduzieren.
Auch andere Unternehmen in Japan sehen schwarz. Der nächste Woche erwartete Quartalsbericht der Zentralbank zur Stimmung in den Manageretagen wird vermutlich die heftigste Eintrübung seit 34 Jahren aufweisen. Wie die größte japanische Tageszeitung Yomiuri Shimbun am Dienstag ohne Quellenangabe berichtete, könnte Japans führender Autobauer Toyota seine erst kürzlich drastisch von 1,6 Billionen Yen auf 600 Milliarden Yen korrigierte Prognose für den Betriebsgewinn im laufenden Geschäftsjahr noch einmal nach unten revidieren. Der Branchenprimus fährt wegen der Absatzkrise auch die Produktion seiner Luxuswagen zurück und zahlt Tausenden seiner Manager geringere Bonusgelder.
Unterdessen geht die Regierung nicht von einer schnellen Kehrtwende aus. "Japan steht im kommenden Jahr eine harte Zeit bevor", warnte Wirtschaftsminister Kaoru Yosano. "Wir müssen alle Anstrengungen zur Ankurbelung der heimischen Nachfrage unternehmen." Die Zeitung Yomiuri berichtete, es werde deshalb ein weiteres dreijähriges Konjunkturprogramm von 125 Milliarden bis 170 Milliarden Euro erwogen. Vor wenigen Monaten erst hatte die Regierung zusätzliche Ausgaben von rund 40 Milliarden Euro angekündigt.
Die Statistiker waren zunächst nur von einem Minus von 0,1 Prozent ausgegangen. Aufs Jahr hochgerechnet schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt sogar um 1,8 Prozent - Analysten hatten nur mit einem Rückgang von 0,9 Prozent gerechnet. Volkswirte sind davon überzeugt, dass es 2009 weiter bergab geht. Damit würde die Wirtschaftsleistung erstmals seit rund 60 Jahren vier Quartale in Folge schrumpfen.
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