Japan-Ticker vom Montag: AKW-Betreiber gibt Schlamperei zu

Die Weltgesundheitsorganisation nennt radioaktive Verseuchung japanischer Lebensmittel "ernst". Meerwasser ebenso verseucht. Betreiber Tepco räumt Mängel bei der Wartung der AKWs ein.

Geräte nicht ordnungsgemäß überprüft: Tepco-Präsidenten Shimizu (l.) und Vizepräsident Fujimoto (r.) auf einer Konferenz am 13.3.2011. Bild: dapd

Eine aktuelle Zusammenfassung der Lage am AKW Fukushima I finden Sie hier.

0.10 Uhr: Folgekosten höher als unmittelbare Kosten

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Die Folgekosten des Erdbebens in Japan, etwa durch Produktionsausfälle in der Industrie, könnten die Versicherungsbranche teurer zu stehen kommen, als seine unmittelbaren Schäden. "Die Belastungen durch Betriebsunterbrechungen können bei solchen Ereignissen häufig höher ausfallen als die Schäden bei Anlagen oder Fabrikgebäuden", sagte der Deutschlandchef der Allianz-Industrieversicherungssparte AGCS, Wolfgang Faden, im Gespräch mit der Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung.

23.53 Uhr: Fukushima beschert Grünen offenbar Wählerstimmen

Parteienforscher rechnen mit deutlichen Zulauf für die Grünen bei der Landtagswahl am Sonntag in Baden-Württemberg.Die Kampagne der Union laufe ins Leere, die Grünen als fortschrittsfeindliche "Dagegen-Partei" darzustellen, sagt Parteienforscher Gero Neugebauer. Die Angst vor einer Kernschmelze mobilisiere auch Nichtwähler, die dann für Grün stimmen würden. "Sogar aus der CDU könnten die Grünen Wähler abziehen, da sie in Baden-Württemberg mit dem eher konservativen Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann antreten", sagte Neugebauer der Nachrichtenagentur Reuters.

23.42 Uhr: Deutsche halten Moratorium für Wahlmanöver

Zwei Drittel der Deutschen befürworten die Entscheidung der Bundesregierung, die Verlängerung der Atomkraft-Laufzeiten für drei Monate auszusetzen. Wie eine Umfrage des Marktforschungsinstitutes YouGov ergab, sieht die Mehrheit in dem Moratorium aber ein wahltaktisches Manöver: 60 Prozent sind danach der Meinung, dass die Regierung das Moratorium verhängt hat, um die Chancen von CDU und FDP bei den anstehenden Landtagswahlen zu verbessern.

22.29 Uhr: Keine Atomkraft in Chile

US-Präsident Obama hat eine neue Partnerschaft seines Landes mit den Staaten Lateinamerikas vorgeschlagen, ohne jedoch konkrete Maßnahmen zu nennen. Bei den Gesprächen mit dem chilenischen Präsidenten Piñera ging es auch um die in Chile umstrittene Atomzusammenarbeit beider Länder. Piñera betonte angesichts der vehementen Ablehnung von Atomkraft in dem stark erdbebengefährdeten Land, während seiner Regierungszeit werde kein Atomkraftwerk gebaut. Das war aber auch nicht vorgesehen. Eine Umfrage, die nach dem Atomunfall in Japan erhoben wurde, lehnen 86 Prozent der Chilenen die Atomkraft ab.

22.02 Uhr: 140.000 gegen Kernenergie in Deutschland

Zehntausende Menschen in ganz Deutschland haben nach Angaben von Atomkraftgegnern am Montag gegen eine weitere Nutzung der Kernkraft in der Bundesrepublik protestiert. Bundesweit hätten sich mehr als 140.000 Menschen in 726 Orten an Mahnwachen beteiligt, erklärte der Sprecher des Bündnisses Ausgestrahlt, Jochen Stay, am Abend.

21.50 Uhr: Neue Sicherheitsvorgaben für deutsche AKWs

Für die deutschen Atomkraftwerke sollen in der kommenden Woche neue Sicherheitsvorgaben veröffentlicht werden. "Die Reaktorsicherheitskommission wird Ende des Monats einen Anforderungskatalog vorlegen", sagte der Kommissionsvorsitzende Rudolf Wieland der "Financial Times Deutschland". Das 16-köpfige Expertengremium überprüft derzeit idie Sicherheitsstandards für deutsche AKW.

"Ich glaube, dass es wegen Fukushima in Deutschland zu materiellen Änderungen bei den Sicherheitsanforderungen kommen wird", sagte Wieland. "Insbesondere wird es auch um Verbesserungen des Notfallschutzes gehen." Unklar sei jedoch noch die Rechtsform der neuen Standards sowie die Dauer der dann folgenden Überprüfung in den Kraftwerken.

21.36 Uhr: Evakuierungszone ist offenbar zu klein

Wie die Internationale Atomenergiebehörde IAEA mitteilt, liegt die Radioaktivität außerhalb des 30-Kilometer-Rings erheblich über der natürlichen Strahlung. "Da muss man sich etwas überlegen", sagte ein ranghoher IAEA-Beamter der Nachrichtenagentur dpa auf die Frage, ob deshalb eine Erweiterung der Evakuierungszone notwendig sei.

21.10 Uhr: Starker Produktionsausfall bei Autoindustrie

Die japanische Automobilindustrie bekommt die Auswirkungen des Jahrhundert-Erdbebens stark zu spüren. In den ersten zwei Wochen nach der Naturkatastrophe am 11. März wird die Produktion nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts IHS Automotive Insight um 65 Prozent einbrechen. Japan stelle normalerweise rund 37.200 Fahrzeuge pro Tag her, hieß es in einem am Montag veröffentlichten IHS-Bericht.

In einem Zeitraum von zwei Wochen produzierten die Autobauer gewöhnlich 521.000 Fahrzeuge. Bis zum kommenden Freitag dürfte sich damit der Produktionsausfall auf 338.000 Pkw belaufen. Marktführer Toyota Motor stellt rund 44 Prozent aller in Japan produzierten Fahrzeuge her. Danach folgt Nissan mit rund zwölf Prozent.

21.00 Uhr. Merkel will über Atomkraft beraten

Angela Merkel kommt am Dienstag zu einem zweiten Atomgipfel mit mehreren Länder-Ministerpräsidenten zusammen, um über die künftige Atom- und Energiepolitik in Deutschland zu beraten. An dem Treffen nehmen neben den Regierungschefs der Länder mit Akw-Standorten auch die Minister für Wirtschaft und Umwelt, Rainer Brüderle und Norbert Röttgen, teil. Erörtert werden soll unter anderem, wie während der ausgesetzten Laufzeit-Verlängerung die Sicherheit der deutschen Akw überprüft und wie ein künftiges Energiekonzept für Deutschland aussehen soll.

20.15 Uhr: Experte: Die meisten Opfer sind ertrunken

Die Wassermassen des Tsunamis haben an der Nordostküste wohl mehr Menschen getötet als das starke Erdbeben. Dies jedenfalls gilt für die Stadt Rikuzentakata. Ungefähr 90 Prozent der Menschen, die bei der Naturkatastrophe in der Küstenstadt ums Leben kamen, seien ertrunken. Zu diesem Schluss kommt der Gerichtsmediziner Hirotaro Iwase an der Chiba University laut einem Bericht der japanischen Tageszeitung "Yomiuri Shimbun".

Viele der Opfer, die er untersucht habe, hätten Rucksäcke bei sich gehabt mit wichtigen Dingen wie Krankenversicherungskarten, Fotoalben, Schokolade und anderen Notfallrationen, berichtete Iwase. Dies zeige, dass die Menschen sich nach dem starken Erdstoß darauf vorbereitet hätten, vor der Flutwelle zu entkommen. Aber die Kraft des Wassers sei unvorstellbar gewesen.

20.03 Uhr: 18.000 Tote

Die japanische Polizei rechnet inzwischen mit mehr als 18.000 Toten. Bislang wurden mehr als 8.800 Leichen geborgen und identifiziert. 12.654 Menschen gelten noch als vermisst, so die Nationale Polizeibehörde.

Ein Sprecher der Polizei der Präfektur Miyagi sagte, alleine in seinem Bereich rechne man mit mehr als 15.000 Toten. Sprecher anderer verwüsteter Regionen wollten keine Schätzung über die letztendliche Zahl der Toten abgeben, bestätigten aber, dass bei ihnen bisher fast 3.400 Leichen geborgen worden seien.

19.40 Uhr: Radioaktives Meerwasser um Fukushima I

Die radioaktive Belastung im Meer vor dem Kernkraftwerk ist massiv gestiegen. Im Wasser rund 100 Meter von der Atomanlage entfernt lagen nach Angaben des Betreibers Tokyo Electric (Tepco) vom Montag die Werte für radioaktives Jod 127 Mal über dem Normalwert. Für radioaktives Cäsium war der Wert 25 Mal so hoch wie sonst üblich.

18.41 Uhr: Fukushima-Betreiber räumt Mängel bei Wartung ein

Der Energiekonzern Tepco hat bei der Wartung des havarierten Atomkraftwerks in Fukushima geschlampt. Einige Tage vor dem Erdbeben am 11. März veröffentlichte Tepco auf seiner Internetseite selbst einen Bericht über Mängel bei der Inspektion in mehreren Atomkraftwerken. In der Unglücksanlage Fukushima Eins seien insgesamt 33 Geräte und Maschinen nicht ordnungsgemäß überprüft worden, schrieb die japanische Nachrichtenagentur Kyodo über den Bericht. Er wurde am 28. Februar veröffentlicht und war auch am Montag bei Tepco abrufbar.

In dem Bericht ist auch von Mängeln bei der Inspektion in zwei weiteren Anlagen die Rede. Betroffen waren außer Fukushima Eins das Atomkraftwerk Fukushima Zwei und die Anlage Kashiwazaki-Kariwa an der Westküste Japans. Insgesamt seien in allen drei Anlagen mehr als 400 Geräte und Maschinen nicht wie vorgeschrieben inspiziert worden, hieß es in dem Bericht an die japanische Atomsicherheitsbehörde NISA.

Die meisten Mängel wurden laut Kyodo im Kraftwerk Kashiwazaki-Kariwa in der Präfektur Niigata festgestellt. Unter den schlecht gewarteten Geräten befanden sich danach auch ein Dieselgenerator zur Notstromversorgung. Wie Tepco mitteilte, hätten aber keine Sicherheitsrisiken bestanden. Bei dem schweren Erdbeben und dem Tsunami war die Lage in Fukushima Eins eskaliert, nachdem die Notstromversorgung ausgefallen war. Die NISA hatte Tepco wegen der Mängel verwarnt. Die Behörde gab dem Betreiber bis Juni Zeit, um Verbesserungen einzuleiten.

Als Grund für die Mängel bei der Überprüfung nannte Tepco unter anderem Versäumnisse der Verantwortlichen. Außerdem sei die Inspektionsliste sehr umfangreich. In einer Anlage müssten einige Zehntausend Maschinen und Geräte überprüft werden. Das solle in Zukunft systematischer erfolgen, zitierte Kyodo den Betreiber. Tepco musste sich auch schon früher gegen Vorwürfe verteidigen. So räumte die Firma ein, Berichte über Schäden jahrelang gefälscht zu haben.

17.47 Uhr: Keine Eiskunstlauf-WM in Japan

Die Eiskunstlauf-WM wird 2011 nicht in Japan, sondern an einem anderen Ort stattfinden. Wie die Internationale Eislauf-Union (ISU) am Montag bekanntgab, verzichtete der japanische Verband angesichts der verheerenden Lage nach dem Erdbeben auf die Ausrichtung der WM zu einem späteren Zeitpunkt und der Team-Trophy im April. Der Team-Wettbewerb in Yokohama wird um ein Jahr verschoben. Die ISU hat nun Fragebögen an interessierte Verbände verschickt, die bis Dienstagabend definitiv ihr WM-Interesse bekunden müssen. Bisher haben als Ersatzausrichter für das Championat, das eigentlich diese Woche in Tokio stattfinden sollte, Moskau, Helsinki, Lausanne, Turin, Olympia-Bewerber Pyeongchang (Südkorea), Taipeh und die USA Interesse bekundet. Als Termine kommen die letzte Aprilwoche, die zweite Maiwoche oder die erste Oktoberwoche infrage. Wegen noch geltender TV-Verträge mit den Japanern könnte die ISU zu einem Ausrichter in ähnlicher Zeitzone tendieren. "Ich rechne nun nicht mehr damit, dass die WM noch abgesagt wird", sagte ISU-Eventkoordinator Peter Krick.

17.46 Uhr: US-Militär in Japan verteilt Jod-Pillen

Das US-Militär hat am Montag damit begonnen, Jodtabletten an in Japan stationierte amerikanischen Soldaten und deren Familien zu verteilen. Nach US-Medienberichten werden die Pillen zum Schutz vor Schilddrüsenkrebs durch radioaktive Strahlung auf vier verschiedenen Stützpunkten in Japan ausgegeben. Es handele sich dabei um eine reine Vorsichtsmaßnahme, zitiert die Zeitung Stars and Stripes das US-Militär.

17.16 Uhr: Neuer Castor-Transport nach Gorleben

Ein neuer Castor-Transport mit hoch radioaktivem Müll ins niedersächsische Zwischenlager Gorleben ist für dieses Jahr beantragt worden. Das teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter mit. Die Behörde muss den Transport genehmigen. Ein Sprecher der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) in Gorleben sagte: "Wir gehen davon aus, dass der Transport in der zweiten Jahreshälfte sein wird". Die Beladung der elf Castoren in Frankreich sei bereits im Gange und werde bis zum Sommer dauern. Er wäre der letzte Transport von hoch radioaktivem Abfällen aus La Hague, später sollen laut GNS noch Transporte aus Sellafield ins Zwischenlager Gorleben folgen.

17.05 Uhr: Fukushima I wird Dauerproblem

Die radioaktive Verseuchung im Umkreis des japanischen Atomkraftwerkes Fukushima wird nach Einschätzung der französischen Atomaufsichtsbehörde (ASN) jahrzehntelang andauern. Aus dem beschädigten Kraftwerk im Nordosten Japans entwichen nun "in bedeutendem Maß" radioaktive Stoffe, und der radioaktive Niederschlag dauere an, stellte die Behörde fest. "Man muss sich deshalb darauf einstellen, dass Japan mit den Folgen dieses Niederschlags auf seinem Boden dauerhaft umgehen muss", sagte ASN-Leiter André-Claude Lacoste. Das Problem werde "Jahrzehnte und Aberjahrzehnte" bestehen bleiben.

16.56 Uhr: Internationale Mindeststandards sind notwendig

Als Reaktion auf die Katastrophe im Kernkraftwerk Fukushima I müssen aus Sicht der IAEA Internationale Standards und Richtlinien zur Nuklearsicherheit überarbeitet werden. Auch die Rolle der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA könnte aus Sicht ihres Leiters Yukiya Amano neu diskutiert werden. Denn seine UN-Unterorganisation mit mehr als 150 Mitgliedsstaaten hat im Bereich Atomsicherheit kaum Kompetenzen. Bisher sind die von der IAEA erarbeiteten Sicherheitsstandards nicht verpflichtend, noch nicht einmal als Mindeststandard.

16.54 Uhr: Radioaktives Kühlwasser fließt zurück ins Meer

Die Notkühlung der Reaktorblöcke mit Tausenden Tonnen von Wasser aus dem Ozean hat ganz neue Probleme mit sich gebracht. "Wohin fließt das Meerwasser ab?" fragte Najmedin Meshkati von der University of Southern California. Es handle sich inzwischen um radioaktives Abwasser, mit dem entsprechend umgegangen werden müsse und das nicht einfach zurück ins Meer fließen dürfe. "Das ist der versteckte Teil dieser Katastrophe."

Die japanischen Behörden haben eingeräumt, dass ein Teil des verwendeten Wassers wieder in den Ozean gelangen könnte. Eine Bedrohung für den Menschen haben sie jedoch als unwahrscheinlich bezeichnet. Dabei ist klar, dass die radioaktiven Substanzen auch in die Nahrungsketten gelangen werden.

16.45 Uhr: Streit um AKW-Überprüfung

Die Bundesregierung gerät bei der Überprüfung der Atomkraftwerke angesichts ungeklärter Details unter Druck. So ist weiterhin unklar, wie der Fahrplan bis Mitte Juni aussehen soll und was überprüft wird - zumal viele Mängel der Regierung schon vor der AKW-Laufzeitverlängerung bekannt waren.

Die Deutsche Umwelthilfe betonte, eine Überprüfung gerade der ältesten Atomkraftwerke sei überflüssig und in drei Monaten kaum zu schaffen. "Seit Jahren ist zum Beispiel klar, dass die sieben ältesten Atomkraftwerke nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert sind", sagte Bundesgeschäftsführer Rainer Baake in Berlin. Die Regierung will auf Basis des Sicherheits-Checks entschieden, ob die bis Mitte Juni abgeschalteten Meiler wieder angefahren werden dürfen.

15.48 Uhr: Atomenergie nicht verantwortbar

Die Atomkatastrophe in Japan müsse auch für die Entwicklungszusammenarbeit Folgen haben, fordert der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) und "Brot für die Welt". Zum schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und der Verbesserung der Energieeffizienz gebe es nach Ansicht der beiden Organisationen keine Alternative. Die Atomenergie sei wegen der Risiken nicht zu verantworten.

15.43 Uhr: Die Stahlbetonhüllen sind dicht

Die Stahlbetonhüllen der Reaktoren 1, 2 und 3 in Fukushima sind nach Aussage der US-Atomsicherheitsbehörde NRC intakt. Der verantwortliche NRC-Direktor Bill Borchardt erklärte am Montag, zwar gebe es in den drei Anlagen Schäden an den Reaktorkernen, die sogenannten Containments seien aber nicht gebrochen. Die Situation stehe offenbar kurz vor der Stabilisierung. Die NRC steht in Tokio in engem Austausch mit der japanischen Regierung und Vertretern der Industrie.

15.41 Uhr: Bremser bei den Stresstests

Nach der Atomkatastrophe in Japan ringen die EU-Staaten um die geplanten Sicherheitschecks für Europas Atomkraftwerke. Zwar waren sich die EU-Energieminister der 27 Länder am Montag bei einem Treffen in Brüssel einig, dass es solche Tests geben soll. Doch die Strenge der Kriterien ist noch umstritten. Während Deutschland auf anspruchsvolle Standards drängt, bremsen vor allem die Briten, berichteten Diplomaten. Auch über die Teilnahme, die zunächst freiwillig sein soll, wird noch heftig diskutiert. Mehrere Staaten kritisierten zudem, dass niemand wisse, wie die von EU-Kommissar Günther Oettinger angekündigten Stresstests funktionieren sollen.

15.19 Uhr: Schnelle Erholung

Erdbeben und Tsunami haben in Japan nach Schätzung der Weltbank Schäden von bis zu 166 Milliarden Euro verursacht. Die japanische Wirtschaft werde sich durch einen Kraftakt für den Wiederaufbau aber relativ schnell erholen, sagte der zuständige Chefökonom Vikram Nehru. Dafür spreche auch die Erfahrung nach dem Erdbeben im japanischen Kobe 1995. Die Rating-Agentur Moody's sieht das Land bereits im zweiten Halbjahr 2011 wieder auf Wachstumskurs.

15.10 Uhr: Ausbau der erneuerbaren Energien

Vor dem Hintergrund der Debatte über einen Atomausstieg und beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland hat Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Montag Eckpunkte für den Ausbau von Stromnetzen vorgelegt. Allerdings legte sich die Regierung zur näheren Zukunft der Atomkraft nicht fest. Unterdessen legten die Grünen ein Ausstiegskonzept bis 2017 vor - vier Jahre früher als im früheren rot-grünen Atomkonsens vorgesehen.

15.00 Uhr: Ein ungünstiger Wind

Im Katastrophengebiet um das Atomkraftwerk Fukushima bleibt es weiterhin kalt: Die Temperaturen liegen deutlich im einstelligen Bereich, nachts blieben sie sogar unter null, sagte Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Der Wind weht noch leicht in Richtung der Hauptstadt Tokio. In den nächsten Tagen drehe er aber auf günstige West- bis Nordwest-Richtung.

In Tokio soll es im Laufe des Dienstags sonnig und wärmer werden. Ein von China kommendes Hoch vertreibe das derzeit über dem Westen der Hauptinsel Honshu liegende Tief in Richtung Pazifik, teilte der DWD mit. Dann werde auch der Regen im Westen des Landes aufhören.

14.15 Uhr: Weißer Qualm über Block 2 ist vermutlich Dampf

Beim weißen Qualm über dem havarierten Block 2 des Unglückskraftwerks Fukushima Eins handelt es sich wahrscheinlich um Dampf und nicht um Rauch. Das meldete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am Montag. Der Dampf komme vermutlich auch nicht aus dem Abklingbecken. Die genaue Ursache war weiter unklar. Zuvor war bereits über Block 3 grauer Rauch aufgestiegen, der bis zum frühen Abend (Ortszeit) wieder verschwand.

13.15 Uhr: IAEA-Chef kritisiert japanische Informationspolitik

Der Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA), Yukiya Amano, hat Japan für seien Umgang mit der Reaktorkatastrophe kritisiert und für die Zukunft Verbesserungen eingefordert. Amano, der selbst Japaner ist, erklärte, Informationen müssten von den betroffenen Regierungen künftig schneller zur Verfügung gestellt werden und auch internationale Experten müssten ihre Informationen schneller austauschen können. Amano regte bei der Krisensitzung der IAEA mit Vertretern aus 35 Nationen zudem an, auch die Rolle seiner Behörde neu zu überdenken.

13.11 Uhr: Atomkonzerne sollen zahlen

Die Bundesregierung pocht unverändert auf die vertraglich vereinbarten Vorauszahlungen der Atomkonzerne für den Fonds zum Ausbau des Ökostroms. "Wir gehen weiter davon aus, dass die Versorger ihren Verpflichtungen nachkommen", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Bis 2016 sind es insgesamt 1,4 Milliarden Euro.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete, die Atomkonzerne würden nach der dreimonatigen Aussetzung der Laufzeitverlängerung prüfen, ob sie die ursprünglich als Gegenleistung eingeführten Zahlungen in den Förderfonds für erneuerbare Energien für die Dauer des Moratoriums stoppen.

13.05 Uhr: Japanische Lebensmittel sind ungefährlich

Die in einigen japanischen Lebensmitteln nachgewiesenen erhöhten Radioaktivitätswerte sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ungefährlich. Lebensmittel wie der betroffene japanische Spinat, die kurzzeitig Radioaktivität ausgesetzt gewesen seien, stellten auf kurze Sicht keine Gefahr für die Gesundheit dar, behauptet der Sprecher für die WHO im Asien-Pazifik-Raum, Peter Cordingley, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. "Dasselbe gilt für die Milch, sie ist keine Gefahr für die Gesundheit."

12.53 Uhr: Tepco denkt über Entschädigung nach

Der Betreiber des stark beschädigten Kernkraftwerks Fukushima I will eventuell eine Entschädigung an Bauern in der Region zahlen. Tepco habe das zumindest angedeutet, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo.

12.45 Uhr: Wie schnell kommt der Atomaustieg?

Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich am Dienstag mit den fünf Ministerpräsidenten, in deren Ländern AKW stehen, sowie mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) über den Atomausstieg beraten. Röttgen hält bei einem Ökostrom-Anteil von 40 Prozent einen Ausstieg für möglich, der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) rechnet bis 2020 bereits mit einem Anteil von 47 Prozent. "Der vollständige Ausstieg aus der Kernenergie ist in Deutschland bis 2020 möglich", sagt Felix Matthes vom Öko-Institut. Zehn Kernkraftwerke könnten sofort abgeschaltet werden, vier bis 2013 und die verbleibenden drei bis spätestens 2020.

12.29 Uhr: Lieferengpass bei Opel

Im Werk Eisenach fielen am Montag wegen Engpässen bei elektronischen Bauteilen aus Japan zwei Schichten aus, wie ein Unternehmenssprecher sagte. Am Montagabend sollte demnach die Produktion wieder anlaufen. In Eisenach baut die General-Motors-Tochter den Kleinwagen Corsa. Im spanischen Saragossa, wo ebenfalls der Corsa hergestellt wird, soll am Freitag eine Schicht ausfallen.

12.20 Uhr: Hoch belastetes Blattgemüse

Bei Hitachi, 100 Kilometer südlich von Fukushima ist Blattgemüse zum Teil sehr hoch mit radioaktiven Substanzen belastet. Bei Spinat wurde zum Beispiel ein Jod-131-Wert von 54.000 Becquerel und einen Cäsium-Wert von 1.931 Becquerel je Kilogramm gemessen. Die Grenzwerte liegen in Japan bei 2.000 Becquerel für Jod und bei 500 Becquerel für Cäsium. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt allerdings einen generellen Grenzwert von nur 100 Becquerel pro Kilo.

12.08 Uhr: Rauch auch über Reaktor 2

Auch über dem havarierten Reaktor 2 des Katastrophen-AKW Fukushima ist am Montag Rauch aufgestiegen. Das berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Zuvor war bereits über Block 3 grauer Rauch aufgestiegen, der bis zum frühen Abend (Ortszeit) wieder verschwand. Der Reaktor 2 ist seit Sonntag wieder an das Stromnetz angeschlossen. Ob die Wasserpumpen funktionieren, ist unklar. In Reaktor 2 gab es zuvor schwere Explosionen und Brände. Die innere Hülle des Reaktors ist beschädigt.

11.55 Uhr: Radioaktiv belastete Lebensmittel

Das Verkaufsverbot für strahlenbelastete Lebensmittel aus der Umgebung des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima I ist erweitert worden. Betroffen seien Milch und zwei grüne Gemüsesorten in vier Präfekturen im Nordosten des Landes, in denen erhöhte Radioaktivitätswerte gemessen worden seien, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Die Belastung sei aber nicht gesundheitsgefährdend, sagte Edano. Bei den belasteten Produkten handelt es sich den Angaben zufolge um Spinat und das japanische Blattgemüse Kakina aus den Präfekturen Fukushima, Ibaraki, Tochigi und Gunma sowie um Milch aus Fukushima. Der Verkauf von Spinat aus Fukushima ist bereits seit Samstag gestoppt.

10.50 Uhr: WHO besorgt über verseuchte Lebensmittel

Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist über die Belastung von Lebensmitteln durch austretende Radioaktivität im Norden Japans "stark besorgt". Das erklärte am Montag ein WHO-Sprecher in Genf auf Anfrage. Noch in der vergangenen Woche hatte die WHO die Lage im Zusammenhang mit den havarierten Atommeilern als nicht Besorgnis erregend eingestuft. Man werde sich der Lage mehr und mehr bewusst, sagte der Sprecher. "Die Dinge haben sich ganz sicher seit der vergangenen Woche bewegt."

10.42 Uhr: Es bleibt kalt in den kommenden Tagen im Katastrophengebiet

"Zumindest in den Nächten ist es frostig", sagte Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Allerdings gebe es keine Niederschläge mehr, da ein von China kommendes Hoch das Tief in Richtung Pazifik vertreibe. Der schwache Wind werde in den kommenden Tagen eher aus westlichen Richtungen kommen und freigesetzte radioaktive Partikel aus dem havarierten Atomkraftwerk Fukushima Richtung Meer treiben. Ein Umschwenken auf Nordwind - der für Tokio gefährlich sein könnte - sei aber nicht ausgeschlossen.

10.38 Uhr: Milch aus Fukushima verboten

Die japanische Regierung zieht Konsequenzen aus Warnungen über wahrscheinlich erhöhte Strahlenwerte in Lebensmitteln aus den verseuchten Gebieten. Sie verbietet die Lieferungen von Frischmilch aus der Präfektur Fukushima sowie von Spinat aus mehreren angrenzenden Bezirken.

10.37 Uhr: Unregelmäßigkeiten bei Inspektion Fukushimas vor dem Beben

Bei der Inspektion des havarierten Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi hat es offenbar massive Unreglmäßigkeiten gegeben. Das geht aus einem Bericht der japanischen Atomsicherheitsbehörde hervor, der neun Tage vor dem verheerenden Erdbeben und dem anschließenden Tsunami veröffentlicht wurde.

Demnach ließ Betreiber Tepco 33 Teile der Anlage nicht inspizieren. Darunter hätten sich Notstromgeneratoren, Pumpen und andere Teile des Kühlsystems befunden, die dann vom Tsunami beschädigt wurden und deren Ausfall zu den massiven Problemen in dem Kraftwerk führte.

Schon vor der jüngsten Katastrophe hatte es immer wieder Kritik an Tepco wegen nachlässiger Wartung von Atomkraftwerken gegeben.

10.20 Uhr: Britische Botschaft verteilt Jodtabletten

Die britische Botschaft in Tokio hat Jodtabletten an britische Staatsbürger in Japan verteilt. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, um einer möglichen Belastung durch radioaktives Jod aus dem havarierten Kernkraftwerk Fukushima Eins vorzubeugen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums am Montag in London. "Die Menschen sollten mit der Einnahme der Tabletten warten, bis sie dazu angewiesen werden." Rund 540 Briten hätten die Pillen bekommen. Großbritannien stellt derzeit zudem Flüge für Briten bereit, die Japan verlassen wollen.

10.09 Uhr: Schaden von 1,2 Milliarden Dollar, sagt Swiss Re

Der Schweizer Rückversicherer Swiss Re hat eine erste Schätzung für die Schäden aus dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan veröffentlicht. Der Konzern rechnet mit einer eigenen Schadensbelastung in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar (846 Mio Euro), wie er am Montag mitteilte. Allerdings sei der Unsicherheitsfaktor bei der Schadenschätzung besonders groß.

Das Erdbeben der Stärke 9,0 vom 11. März in Japan ist schon die vierte große Naturkatastrophe im laufenden Jahr nach den Überschwemmungen in Australien, dem Zyklon Yasni und dem Erdbeben in Neuseeland. Diese drei Ereignisse dürften Swiss Re bereits über 1,1 Milliarden Dollar kosten. Die Schadensbelastung in einem "normalen" Jahr liegt Analysten zufolge bei rund einer Milliarde Dollar.

Der Betrag für das Erdbeben sei allerdings nun nicht viel höher, da für versicherte Erdbeben- und Tsunamischäden an Wohnbauten ein staatliches Rückversicherungsprogramm bestehe, hieß es. Bei Sachversicherungen sei zudem nukleare Verseuchung ausgeschlossen.

Die großen deutschen Rückversicherer Münchener Rück und Hannover Rück wollen sich nach dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan noch nicht auf ihre eigene Schadensbelastung festlegen. Sprecher beider Unternehmen sagten am Montag, die Schätzungen seien noch in Arbeit.

9.52 Uhr: Rauch aus Reaktor 3

Der japanische Fernsehsender NHK berichtet, es sei zu sehen, dass Rauch vom besonders schwerbeschädigten Block 3 des Kraftwerks aufsteige. Der Betreiber bestätigt, dass infolge der Rauchentwicklung einige Arbeiter von dem AKW abgezogen worden seien. Um wieviele Arbeiter es sich handelte, war zunächst nicht klar.

9.44 Uhr: Nicht alle Einsatzkräfte evakuiert

Nur ein Teil der Einsatzkräfte ist aus dem AKW Fukushima I ist evaukiert worden, sagte die Betreiberfirma Tepco. Zuvor war von allen Angestellten gesprochen worden.

9.08 Uhr: Warnung vor verseuchtem Trinkwasser

In der Nähe des AKW Fukushima wurden stark erhöhte Werte von radioaktivem Jod im Trinkwasser entdeckt. Die japanische Regierung forderte die Bevölkerung im Dorf Iitate auf, kein Leitungswasser mehr zu trinken. Die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete unter Berufung auf das Gesundheitsministerium in Tokio, Messungen in Iitate hätten Werte von 965 Becquerel Jod pro Liter Leitungswasser ergeben. Der Grenzwert liege aber bei 300 Becquerel, heißt es auf der Website des Dorfes Iitate, das innerhalb der 30-Kilometer Zone um das AKW Fukushima liegt.

9.03 Uhr: Einsatzkräfte evakuiert

Im havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima I sind am Montag die Einsatzkräfte evakuiert worden, wie aus offiziellen Kreisen verlautete. Grauer Rauch stieg aus Block 3 der Anlage auf.

8.51 Uhr: Alle Reaktoren am Stromnetz

Alle sechs Reaktorblöcke des japanischen Unglückskraftwerks Fukushima haben nach Angaben der Betreiberfirma Tepco wieder Strom. Als letztes seien die besonders schwerbeschädigten Blöcke 3 und 4 wieder angeschlossen worden, teilte das Unternehmen am Montag mit. Im Reaktor 5 arbeite eine Pumpe bereits wieder mit Elektrizität aus dem Netz. Der Strom wird dazu benötigt, um die Kühlsysteme der Reaktoren wieder in Gang zu bringen.

8.30 Uhr: Radioaktive Verseuchung von Lebensmitteln "ernst"

Die Weltgesundheitsorganisation nennt die radioaktive Verseuchung japanischer Lebensmittel ernst. Es handele sich nicht um ein örtlich einzugrenzendes Problem.

5.30 Uhr: Reaktoren 5 und 6 wieder am Stromnetz

Japans Atombehörde bestätigt, dass die Reaktorblöcke 5 und 6 wieder ans Stromnetz angeschlossen wurden.

Quellen: dpa, afp, dapd, rtr, Kyodo

Was bisher geschah: in der Nachtzusammenfassung und dem Liveticker von der Nacht zum Montag.

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