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Jan Philipp Reemtsma wird 60„Es ist viel Geld, ja“

Jan Philipp Reemtsma ist einer der wichtigsten Mäzene Deutschlands. Jetzt wird er 60. Und spricht über sein vermeintlich aufregendes Leben.

Jan Philipp Reemtsma in seinem Büro in Hamburg Bild: dpa

Jan Philipp Reemtsma erbte einst Millionen von seiner Familie, die die Reemtsma Cigarettenfabriken betrieb. Und er entschloss sich, Vernünftiges damit zu tun: Reemtsma gründete zum Beispiel das „Hamburger Institut für Sozialforschung“, das sich im Schwerpunkt mit Gewalt beschäftigt.

Im sonntaz-Gespräch blickt Reemtsma anlässlich seines 60. Geburtstag auf sein Leben zurück, ganz unprätentiös: „Mir hat mal jemand gesagt: Sie haben aber ein interessantes Leben gehabt! Da wäre ich nicht drauf gekommen. Von außen mag das so aussehen. Ich habe ein paar Dinge angefangen, die ich machen wollte und interessant fand. Und das hat immer etwas nach sich gezogen. Nur sehr junge Menschen denken, dass das von ihnen selbst Angefangene auch so eintritt, wie sie es fantasiert haben.“

Reemtsma gilt als bedeutender Mäzen, er förderte unter anderem den Schriftsteller Arno Schmidt. Er engagierte sich zivilgesellschaftlich und trat als Moderator im Konflikt um die Hamburger Hafenstraße auf. Und Reemtsma, der sich so sehr um die Erforschung der Ursachen von Gewalt in der Gesellschaft bemühte, wurde selbst zum Opfer von Gewalt: Im Jahr 1996 wurde er entführt und verschleppt, Lösegeld wurde erpresst.

„Noch zehn Sekunden rausschinden“

„Ich wusste ja nicht, dass ich überleben würde. Also habe ich mir mein Ende vorgestellt. Das Szenario ist vielleicht: ein Wald und dort werde ich erschossen. Wie wird das sein? Ich wusste, ich würde mich benehmen wie wohl jeder andere auch. Ich werde versuchen, noch zehn Sekunden, zwanzig Sekunden, eine halbe Minute herauszuschinden. Völlig absurd, aber das werden die meisten so tun“, erinnert sich Reemtsma in der aktuellen sonntaz.

Bild: taz
Sonntaz

Das komplette sonntaz-Gespräch mit Jan Philipp Reemtsma lesen Sie in der sonntaz vom 24./25. November 2012. Darin außerdem: Warum veröffentlichen Umweltverbände nicht alle ihre Spender? Und: Weshalb der Klimagipfel von Doha egal ist. Ein Essay von Niko Paech.

Beirren ließ er sich nicht, er ging seinen Weg weiter. In den Neunzigern sorgte er als Mitinitator der ersten und zweiten Wehrmachtsaustellung für Furore – und bewirkte einen neuen Konsens zum Nationalsozialismus in der Bundesrepublik.

„Nun kann die Welt in einer Rezension eines Buches vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt schreiben: Wie seit Jahren unumstritten, hatte die Wehrmacht als Organisation aktiv teil an den damaligen NS-Verbrechen. So hatte ich das über viele Jahre wörtlich immer wieder in Interviews gesagt – und mir Ärger eingehandelt“, sagt Reemtsma in der sonntaz. „Aber wenn Sie erreicht haben, ohne Quellenangabe zitiert zu werden, dann haben Sie eine Meinung wirklich durchgesetzt.“

Im ganzen sonntaz-Gespräch in der taz-Wochenendausgabe vom 24./25. November spricht Jan Phillipp Reemtsma außerdem über den Fortschritt, seine Zukunftspläne und die beschränkte Macht des Geldes. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo.

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6 Kommentare

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  • R
    rensenbrink

    Der Herr Reemtsma ist ein sehr eindrucksvolles Beispiel dafür, dass es letztlich darauf ankommt, was man aus Vermögen gestaltet. Sein Investment im politischen Raum ist immer aufklärerisch, grunddemokratisch und antifaschistisch. Ein wenig mehr persönliche Präsenz wäre indes hilfreich, um Vorurteilen und Missverständnissen entgegenzuwirken. Und schade, dass das Institut für Sozialforschung und dessen wertvolle sozialwissenschaftlichen Beiträge nicht mit einer Silbe erwähnt wurden.

  • G
    Glückwünsche!

    Jan Philipp Reemtsma hat viel bewegt und den Finger stets in die deutsche Wunde gelegt, dorthin wo's richtig weh tut.

     

    Wer das nicht anerkennen kann, soll's bleiben lassen. Ihm sein geistiges/monetäres Familienerbe vorzuwerfen, ist lächerlich. Reemtsma hat das Beste draus gemacht und - anders als Gerüchtekoch @tommy hier leichtfertig unterstellt - nix verheimlicht:

     

    http://www.fotoarchiv-reemtsma.de/Themen/02_NS/index.html

     

    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/die-ns-vergangenheit-der-reemtsmas-skandalisierung-garantiert-quote-1491500.html

  • KK
    Karl K

    Kiek an - auch Jan Feddersen reiht sich ein

    - in die Phalanx der Mailmottenprofiteure.

     

    Hanseatisch geht anders. Von lübsch gar nicht zu reden.

    Change the party, konnten die schon vor mehr als 200 Jahren.

     

    Wie zerschlissen muß ein ' Selbstbewußtsein'

    sein, daß sich zu solch antidemokratischen Verhalten

    im Netz hergibt.

    Daß es zudem von wenig nachgedacht zeugt,

    nur am Rande.

     

    Das eigentlich Blöde ist, so häufig recht zu behalten.

    Überraschungen wären mir wahrlich lieber.

    Ihr werdet - weiter - die taz hinkriegen, leider!

  • T
    tommy

    Schrecklicher Mensch, dessen Familienvermögen (seine Verwandten waren übrigens, soweit ich weiß, mit Himmler und anderen Naziführern befreundet - wann macht Reemtsma darüber eine Ausstellung?) auf Blutgeld (Zigaretten!) beruht.

  • R
    reblek

    "In den Neunzigern sorgte er als Mitinitator der ersten und zweiten Wehrmachtsaustellung für Furore..." - Das dritte "s" für die "Wehrmachtsausstellung" sei hier nachgereicht. Und "Furore"? Ich finde, er ist eingeknickt vor sogenannten Kritikern und hat sich ins Hemd gemacht. Herausgekommen ist eine zweite, völlig intellektualisierte Ausstellung, die mit Sicherheit niemand vollständig "sehen" könnte, denn es gab fast ausschließlich zu lesen. Und das in einem Umfang, der nicht zu bewältigen war. Dabei waren in der ersten Ausstellung lediglich ein paar "falsche" Bilder reingerutscht, die der Wehrmacht zugerechnet wurden, obwohl es sich um die Sowjetarmee oder andere, die mit Menschen Schindluder getrieben hatten, gehandelt hat. Das wäre sehr leicht zu korrigieren gewesen. Aber Hannes Heer, der für diese Ausstellung zuständig und verantwortlich war, hatte sich wohl auch ein bisschen sehr stur gezeigt und wollte am liebsten gar nichts ändern.

  • D
    dan

    "Sehnse da hamses: Alles raucht Ramses". Reemtsma Reklame in Sachsen 1935. 1945 wurden die beiden Reemtsma Verkaufsleiter in Dresden (beide Nazis) von den Sowjets "abgeholt"...