Jahresbericht von Amnesty International: Zivilgesellschaft als Hoffnungsträger
Im neuen Jahresbericht beklagt Amnesty International weltweit Folter und Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Doch das Internet biete auch Chancen.
BERLIN taz | Folter, Unterdrückung von Meinungsfreiheit und Menschenrechtsverletzungen aller Art dokumentiert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) in ihrem neuen Jahresbericht, der am Mittwoch weltweit vorgestellt wurde. In 112 Staaten stellte Amnesty Folter und Misshandlungen durch staatliche Kräfte fest, in 101 Staaten registrierte AI Einschränkungen der Meinungsfreiheit.
In seinem Vorwort kritisiert Silal Shetty, der internationale Generalsekretär der Organisation, dass das Prinzip staatlicher Souveränität noch immer genutzt werde, um Regierungen vor Kritik abzuschotten und die Arbeit nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen einzuschränken.
„Das Argument, es handele sich bei Spenden aus dem Ausland um Einmischung in innere Angelegenheiten, ist nicht haltbar,“ sagte die deutsche Generalsekretärin Selmin Caliskan bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. „Menschenrechte machen nicht vor Grenzen halt. Es ist das gute Recht von Menschenrechtsaktivisten, sich internationale Unterstützung zu organisieren.“
Die Organisation kritisiert auch, dass immer mehr Staaten ihre Grenzen für Flüchtlinge und Arbeitsmigranten immer unüberwindbarer machen. „Die Abschottung der Grenzen steht in starkem Kontrast zum freien und grenzüberschreitenden Kapitalfluss“, heißt es im Vorwort. Auch der internationale Waffenhandel habe weit weniger Schwierigkeiten, Grenzen zu überwinden, als Menschen auf der Suche nach Zuflucht oder wirtschaftlichen Perspektiven.
Neue europäische Flüchtlings- und Asylpolitik gefordert
Die Europäische Union, fordert Amnesty, müsse ihre Flüchtlings- und Asylpolitik ändern. „Auch 2012 war die Abschottungspolitik der EU mitverantwortlich dafür, dass Flüchtlinge im Mittelmeer starben“, sagte Caliskan. 2012 waren laut AI weltweit 43 Millionen Menschen auf der Flucht vor bewaffneten Konflikten oder Verfolgung, 27 Millionen davon sind Binnenflüchtlinge. Die Zahlen seien so hoch wie zuletzt Mitte der 1990er.
Aber AI verbreitet auch Hoffnung. Die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten des Internets gäben der Zivilgesellschaft – und den Menschenrechtsorganisationen – potenziell mehr Macht als je zuvor seit Begründung der modernen Menschenrechtsarbeit.
„Das Internet bildet ein wichtiges Gegengewicht zu dem Konzept der Souveränität und den an Staatsbürgerschaft gebundenen Rechten. Es eröffnet uns die Möglichkeit, das Modell eines Weltbürgertums zu kreieren,“ schreibt Silal Shelly.
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