Jahresbericht Antidiskriminierung: Mehr Betroffene suchen Rat
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat ihren ersten Jahresbericht vorgelegt. Die Sensibilisierung für Ungleichbehandlung wachse.
Die Gesellschaft reagiert sensibler auf Diskriminierung. Das zumindest schlussfolgert die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die am Dienstag in Berlin ihren ersten Jahresbericht vorstellte. Demnach würden immer mehr Betroffene sich rechtlich beraten lassen und offener von ihren Erfahrungen sprechen. Das zeige sich auch in den sozialen Medien, etwa an Online-Aktionen wie der „MeToo“-Kampagne zu Sexismuserfahrungen oder dem Äquivalent zu Rassismus unter dem Hashtag „MeTwo“.
Im Jahr 2018 erreichten 4.220 die Beratungsstelle, 3.455 davon bezogen sich auf eine im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) definierte Form der Diskriminierung. Das ist ein Anstieg von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die häufigsten Gründe stellten rassistische Zuschreibungen aufgrund der Hautfarbe (31%) sowie Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (29%) oder einer Behinderung (26%) dar. Darüber hinaus ließen sich Personen beraten, die wegen ihre Alters (14%), ihrer Religion (7%), ihrer sexuellen Identität (5%) oder ihrer Weltanschauung (2%) diskriminiert wurden.
Die 2006 gegründete Bundesbehörde berät Betroffene in Diskriminierungsfällen zu arbeits- oder zivilrechtlichen Auseinandersetzungen. Darüber hinaus haben sieben Länder und 16 Kommunen eigene Stellen geschaffen. Als Arbeitsgrundlage dienen die Diskriminierungsformen, die seit 2006 im AGG benannt sind.
Diskriminierung am Arbeitsplatz
Die derzeit diskutierten Ressentiments gegen Deutsche aus den sogenannten neuen Bundesländern könne in der Arbeit der Behörde nicht berücksichtigt werden, da es sich bei den Betroffenen nicht um eine ethnische Minderheit handle, sagte der Kommissarische Leiter Bernhard Franke in Berlin.
Die konkreten Erlebnisse der Betroffenen sind vielfältig. So ließen sich 35 Personen beraten, die aufgrund eines ausländischen Passes kein Konto eröffnen oder keinen Telefonvertrag abschließen konnten. In 193 Anfragen ging es um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Mit 83 Fällen ging die Tat fast in der Hälfte der Fälle von Vorgesetzten aus. Der Arbeitsplatz sei zentraler Ort der Diskriminierungserfahrung, so Franke.
„Gute Nerven und viel Geduld, das braucht man auf jeden Fall“, sagte der Kommissarische Leiter. Klagen, juristische Verfahren und Prozesse würden oft viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen – und nicht immer zum Erfolg für Diskriminierte führen. So hätte es im vergangenen Jahr nur 79 Klagen hinsichtlich Benachteiligung im Sinne des AGG gegeben. Ob diese auf Beratungen bei der Behörde zurückgehen, und ob die Klagen erfolgt haben, wird nicht erhoben.
„Deutschland braucht belastbare Daten über Diskriminierung“, betont Franke und fordert mehr gezielte Forschung. Studien durchzuführen sei für die Bundesbehörde nicht regelmäßig umsetzbar, es müsse eine Art „Diskriminierungsbarometer“ erstellt werden. Der Jahresbericht geht nun zur Beratung an die Bundesregierung und die zuständigen Ausschüsse.
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