piwik no script img

Jahrelang belagerte syrische StadtNahrungsmittelhilfe erreicht Daraja

Der erste Hilfskonvoi seit 2012 kommt in die syrische Stadt und bringt Essen und Arznei. Die verängstigten Bewohner trauen sich aber kaum aus dem Haus.

Bereits Anfang Juni kamen UN-Helfer nach Daraja – allerdings ohne Nahrungsmittel Foto: ap

Genf taz | Die rund 8.000 EinwohnerInnen der seit fast vier Jahren von syrischen Regierungstruppen belagerten Stadt Daraja südöstlich von Damaskus haben am späten Donnerstagabend erstmals eine humanitäre Hilfslieferung mit Nahrungsmitteln erhalten. Neun Lastwagen des Syrischen Roten Halbmonds und des Welternährungsprogramms (World Food Programme, WFP) der UNO mit Essen und Medikamenten seien in dem Vorort der Hauptstadt angekommen, teilte der Einsatzleiter des Syrischen Roten Halbmondes, Tamam Mehres, in der Nacht zum Freitag mit. Mit den Hilfsgütern solle die Versorgung der Bevölkerung für einen Monat sichergestellt werden.

Ein Vertreter der Rebellen in Daraja, Schadi Matar, erklärte hingegen, die Menge der gelieferten Nahrungsmittel und Medikamente sei „unzureichend für all die Bewohner unter der Belagerung“. Den Einwohnern seien weitere Lieferungen zugesagt worden. Einen großen Ansturm auf die ersten Lieferungen habe es zunächst nicht gegeben: „Wegen der Bombardierung der Stadt haben viele Leute Angst, aus dem Haus zu gehen und sich in Gruppen zusammenzufinden“, schrieb Matar in einer Twittermeldung.

Vor mehreren Wochen war dem Roten Kreuz und einem Hilfskonvoi der UNO die Einfahrt nach Daraja verwehrt worden, obwohl die syrische Regierung zuvor eine entsprechende Erlaubnis erteilt hatte. Vergangene Woche erreichte dann der erste Transport die Stadt. Allerdings enthielt er – abgesehen von Babynahrung – keine Nahrungsmittel.

Die Zulassung des Hilfskonvois am Donnerstagabend erfolgte, wenige Stunden nachdem der Syrienvermittler der UNO, Staffan de Mistura, in Genf von „Zusagen“ der Regierung berichtet hatte, bis Ende Juni humanitäre Hilfslieferungen in alle 19 Städte zuzulassen, die derzeit von Regierungstruppen und mit diesen verbündeten Milizen belagert werden. Ähnliche Zusagen wurden von der Regierung in der Vergangenheit allerdings häufig nicht eingehalten.

Skepsis bei der UNO

Auch jetzt ist die Skepsis bei der UNO sehr groß. Auf Unverständnis stößt vor allem, warum die Zulassung von Hilfskonvois in die anderen 18 belagerten Städte neben Daraja nicht sofort erfolgt, sondern erst bis Ende Juni möglich sein soll. Die Regierung in Damaskus begründet diese Verzögerung mit dem Ramadan.

Mitte Mai hatte die Internationale Unterstützungsgruppe für Syrien (ISSG), der neben den USA und Russland auch die am Syrienkonflikt beteiligten Regionalmächte Saudi-Arabien, Irak, Katar sowie die Türkei angehören, die vollständige und endgültige Aufhebung aller Belagerungen und sonstigen Zugangsbehinderungen für Hilfskonvois bis spätestens zum 1. Juni gefordert. Falls diese Forderung nicht erfüllt werde, würden verstärkt Hilfsgüter aus der Luft abgeworfen werden, wie dies seit April bereits über der teils von Regierungstruppen und teils vom „Islamischen Staat“ kontrollierten ostsyrischen Stadt Deir al-Sor geschieht.

Diese Ankündigung der ISSG geschah allerdings unter dem Vorbehalt, dass das für Abwürfe aus der Luft zuständige Welternährungsprogramm zunächst die Sicherheitsbedingungen für Hilfsflugzeuge und Hubschrauber im syrischen Luftraum prüft. Diese Prüfung fiel negativ aus. Die syrische Regierung verweigert dem WFP nach wie vor die Genehmigung, den Luftraum über belagerten Städten zu nutzen, sowie die Garantie, dass die Hilfsflugzeuge nicht von syrischen Streitkräften abgeschossen werden.

Der Forderung von syrischen Oppositionsaktivisten, angesichts dieser Weigerung der Regierung Assad sollten Mitgliedsstaaten der ISSG für militärischen Begleitschutz der Hilfsflugzeuge und -hubschrauber des WFP sorgen, wollte bislang keine Regierung der ISSG-Staaten nachkommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • ist denn sichergestellt das die hilflieferungen AUSSCHLIEßLICH an die zivilbevölkerung ausgegeben wird und nicht zur versorgung von rebellen verwendet wird.nein,selbstverständlich bedienen sich die rebellen/terroristen zuerst.das die bevölkerung angst vor bombardierung der ausgabestellen hat glaube ich nicht,eher vor den rebelle/terroristen