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JERUSALEM – EINE HAUPTSTADT FÜR ISRAELIS UND PALÄSTINENSERHeilige Atheisten

„Die dumpfen Niederschläge zweier Jahrtausende voll Unmenschlichkeit, Unduldsamkeit und Unreinlichkeit sitzen in den übel riechenden Gassen.“ So schrieb Zionismus-Gründer Theodor Herzl 1898 über Jerusalem. 1947 wurde in den Straßen Tel Avivs getanzt, als die UN einen Plan zur Teilung Palästinas annahmen, in dem die Stadt weder zum jüdischen noch zum arabischen Staat gehören sollte. Von 1947 bis 1967 stand der Ostteil unter jordanischer Herrschaft. Keiner regte sich besonders auf. Erst im Sechstagekrieg 1967 wurde ganz Jerusalem samt Umgebung von Israel annektiert.

Seitdem herrscht das heilige Mantra: „Das ungeteilte Jerusalem ist die ewige Hauptstadt Israels.“ Dabei besteht die nur in der Einbildung. Der Osten ist arabisch. Kaum ein Israeli traut sich dort hin. Wer die Straße neben der Mauer der Altstadt überquert, betritt einen anderen Kontinent. Folglich sandte Jehova auch keinen Blitz, als bekannt wurde, dass Premier Ehud Barak in Camp David bereit war, große Teile Ost-Jerusalems abzugeben. Aber dann stellte sich heraus, dass ein riesiges Hindernis ein Abkommen verhindert: der Tempelberg. Auf der Anhöhe stehen seit 1.200 Jahren zwei islamische Heiligtümer: der Felsendom und die Aksa-Moschee. Aber die atheistischen Minister Israels meinen, sie könnten „die Heiligtümer der Nation“ nicht aufgeben: die Steine des Tempels, der vor 1.930 Jahren von den Römern zerstört wurde. Vielleicht sind sie irgendwo begraben? Nur: Kein Muslim könnte auch nur daran denken, auf diese dritt-heiligste Stätte des Islams zu verzichten.

Jetzt wird nach einem Ausweg gesucht. Israels Außenminister schlug vor, die Oberfäche solle palästinensisch, die Erde darunter israelisch werden. Barak meinte, der UN-Sicherheitsrat solle den Berg übernehmen. Ein kommunistischer Chinese und ein russischer Ex-KGBler regieren den „heiligen Berg“? Eine verrückte Idee. Dabei gibt eine Lösung: der Tempelberg muss islamisch-palästinensisch, die Klagemauer jüdisch-israelisch sein. So wird es am Ende auch werden – vielleicht nach weiterem Blutvergießen. URI AVNERY

Ehemaliges Knesset-Mitglied, lebt als Publizist in Tel Aviv

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