piwik no script img

JA-Chef verunglimpft Hitler-AttentäterAfD will Steinke ausschließen

In der AfD darf vieles mit Rechtsdrall gesagt werden. Das geht aber selbst Gauland zu weit: die Beschimpfung des Hitler-Attentäters Stauffenberg durch den Nachwuchs.

Nennt Leute, die Hitler umbringen wollten, auch mal „Verräter“: Lars Steinke Foto: dpa

Berlin dpa | Der AfD-Bundesvorstand will den Parteiausschluss des niedersächsischen Landeschefs der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA), Lars Steinke. Am Montag sei einstimmig beschlossen worden, dem entsprechenden Antrag des Landesvorstands Niedersachsen beizutreten und „dieses Verfahren in jeder geeigneten Weise zu unterstützen“, teilte die AfD in Berlin mit.

Steinke hatte in einem nicht öffentlich einsehbaren Facebook-Eintrag den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Verräter bezeichnet. Die AfD erklärte, Steinke habe „nicht hinnehmbare Äußerungen“ getätigt und das „ehrenvolle Andenken“ an von Stauffenberg „in parteischädigender Art verächtlich gemacht“.

Landes- und Fraktionschefin Dana Guth hatte am Freitag gesagt, Steinke habe „nun endlich etwas geliefert was so greifbar ist, dass es die Messlatte für einen Parteiausschluss erfüllt.“ Am Donnerstag habe der AfD-Landesvorstand beschlossen, einen Parteiausschluss zu beantragen. Nach Angaben von Guth will die JA Anfang diese Woche den Konvent einberufen, um dort den gleichen Antrag zu stellen.

Steinke hatte mit seinem Beitrag parteiintern harsche Kritik ausgelöst. Selbst Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland hatte sich für einen Parteiausschluss ausgesprochen und den Facebook-Eintrag als „Schwachsinn“ bezeichnet. Der Braunschweiger Zeitung sagte Steinke: „Ich kann den Heldenkult um Stauffenberg nicht verstehen.“ Von der Formulierung nehme er aber Abstand. Er habe der Partei nicht schaden wollen. Der Göttinger Student war schon in der jüngeren Vergangenheit öfter öffentlich aufgefallen durch markige Sprüche und rechtsextreme Kontakte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Stauffenbergs Motiv war lediglich militärischer Natur. Er wollte die Kapitulation, als er sah, dass der Krieg verloren war. Ein vernünftiges Ansinnen. Eine politische Motivation hatte er jedoch nicht. Sein Attentat richtete sich nicht gegen den Nationalsozialismus als solcher.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      "Er wollte die Kapitulation, als er sah, dass der Krieg verloren war."

      Nein. Er begann mit dem Widerstand 1941, als es noch vorwärts ging.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      krass, du hast den gekannt, oder was?

  • "Der spätere Hitler-Attentäter Stauffenberg unterschied sich in seiner antisemitischen Einstellung nicht wesentlich von anderen Personen, die am Umsturzversuch des 20. Juli 1944 beteiligt waren."

    www.deutschlandfun...:article_id=360880

    • @Nicky Arnstein:

      Staufenberg hat seine Meinung aber geändert, als er sah, wohin es führte. So mancher Deutsche hat das bis heute nicht.

      Manchen Menschen entwickeln sich, andere nicht.

  • Es gab etliche Deutsche, die Marlene Dietrich Anfang der 1960er Jahre, als sie ein Konzert in Berlin gab, als Vaterlandsverräterin beschimpft haben. Man sieht also, dass viele Deutsche - damals so wie heute - aus ihrer Geschichte nichts gelernt haben.

  • Die Gruppe, die 20. Juli aktiv war, war sehr heterogen. Dabei waren tatsächlich Leute, die nur irgendwie den Absprung schaffen wollten.

    Staufenberg und einige um ihn haben sich aber schon gegen den Faschismus in D gewannt, als es noch vorwärts ging. Motiv war der Ausrottungskrieg im Osten, den sie nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten. Das macht sie nicht zu Erfindern des Humanismus und der Demokratie, ist aber weit mehr, als man von den meisten anderen Deutschen sagen kann.

    Sich gegen die Diktatur zu wenden, war extrem gefährlich und erforderte sehr großen Mut. Deshalb hat jeder Respekt verdient, der diesen Mut aufgebracht hat. Auch, wenn er vorher auf dem falschen Weg war und keine idealen Vorstellungen von einer Zukunft ohne Hitler hatte. Staufenberg tendierte übrigens zu einer Art Demokratie.

    Natürlich wäre es falsch, die Handlungen der Verschwörer nicht zu hinterfragen und ihnen einen Heiligenschein zu verpassen. Aber sie als Faschisten oder gar Verräter zu bezeichnen, ist absolut unangebracht.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ist natürlich die Antwort auf "EIN SCHELM".

  • Die Überschrift ist leider irreführend. Sie müsste lauten:



    "Die AfD behauptet, Steinke ausschließen zu wollen"



    Es gab schon genug Rechtsextreme in der Partei, die man angeblich ausschließen "wollte". Sie sind alle noch Mitglieder und alle an prominenten Stellen weiterhin aktiv.



    Das "wollen" der AfD war bei Ausschlussverfahren bisher immer nur ein Täschungsmanöver um abzuwarten, bis die erste Aufregung vorbei ist. Ob es jetzt wirklich zum Ausschluss kommt, kann man auf guter Grundlage anzweifeln - und das sollte man auch, wenn man exakte Berichterstattung machen möchte.

  • Eine optimistische Interpretation des Ausschlusses. Lässt sich auch anders deuten, wenn man mitdenkt, dass Stauffenberg selber Faschist war.

    • @smallestmountain:

      Da schießen Sie aber sehr kurz. Staufenberg hat während des Krieges das Verbrecherische am Regime erkannt und sich bewusst dagegen gewannt. Ihn einfach als Faschist zu bezeichnen wird ihm nicht gerecht.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Vielmehr sch(l)ießen Sie zu kurz. Stauffenberg und Konsorten haben das Regime so lange tatkräftig und überzeugt unterstützt wie es auf ihrer politischen Linie und in ihrem Interesse lag. Als sich allerdings dert Hitlerismus immer mehr zu einem Personenkult entwickelte und das politische wie militärische Primat Hitlers zu desaströsen Rückschlägen führte, wollte man den einen durch einen anderen Führer ersetzen und den bereits verlorenen Krieg möglichst verlurstfrei beenden. Zwar mag es sein, dass ein Attentat auf Hitler im Prinzip zu befürworten sei, enthebt Stauffenberg und seine Mitverschwörer aber nicht der Kritikwürdigkeit oder der Hinterfragbarkeit der Motive.

        • @Ein Schelm:

          Eben. Zumal Stauffenberg & Co. die Rassenpolitik Hitlers befürwortet hat. Die Motive für das Attentat waren nicht die Umsetzung der "Endlösung der Judenfrage". Ich weiß auch nicht, ob die gestoppt worden wäre, wenn die "Vorhersehung" Hitler ins Jenseits befördert hätte.

    • @smallestmountain:

      Daran habe ich auch gedacht. Ich vermute die Diffamierung von den Scholl-Geschwistern oder von Georg Elser dürfte wieder auf Parteilinie sein.

    • @smallestmountain:

      Da brauchts keine Interpretation: Stauffenberg ist im rechtskonservativem Spektrum quasi "unantastbar", da versteht man keinen Spaß. Das hat auch nix mit "bürgerlicher Fassade" oder sonstigem Taktieren zu tun. Wer S. schlecht macht hat in diesen Kreisen keine Freunde mehr.

    • @smallestmountain:

      Das heißt Steinke soll in Wahrheit ausgeschlossen werden, weil er zu weit links ist und einen Faschisten beleidigt hat?