Italiens Wirtschaft: Mode, Möbel, Pasta

Ist nur "die defätistische Linkspresse" in Italien Schuld an der Vertrauenskrise, wie Berlusconi meint? Nein. Der Schuldenberg ist groß, das Wachstum stagniert.

Exportschlager Pasta. Bild: ap

ROM taz | Harte Tage erlebt Silvio Berlusconi gerade. Italien gilt quer durch Europa als hochgefährlicher Brandherd in der Krise, die Risikoaufschläge auf die Staatsanleihen klettern in Richtung 4 Prozent, der Regierungschef selbst musste sich auf dem EU-Gipfel letzten Sonntag abkanzeln lassen.

Und das alles, obwohl "Italien besser als die anderen dasteht" - dies jedenfalls ist Berlusconis Mantra, das er auch in diesen Tagen noch herunterbetet. Schließlich sei in Mailand und Rom keine einzige Bank in Schieflage geraten, schließlich sei in dem Land anders als in Spanien oder Irland keine Immobilienblase geplatzt, schließlich seien auch die Grunddaten des Haushalts in Ordnung.

In der Tat hat Italien zwar mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) den nach Griechenland zweithöchsten Schuldenberg in der Eurozone - doch Berlusconi hat keineswegs unrecht, wenn er diesen Berg zur Altlast erklärt.

Recht hat er auch, wenn er auf den "Primärüberschuss" des Staatsetats hinweist: In den letzten 15 Jahren, ja selbst in den härtesten Krisenjahren 2009/2010 lagen die Staatseinnahmen immer über den Ausgaben, wenn man den Zinsdienst nicht berücksichtigt. Und es stimmt auch, dass Italiens Bürger privat weit weniger verschuldet sind als die der anderen Eurozonen-Länder oder gar Großbritanniens.

Junge Italiener wandern aus

Schuld an der Vertrauenskrise, die Italiens Kreditwürdigkeit erschüttert, so meint der Regierungschef, hat allein "die defätistische Linkspresse", die das Land laufend schlecht rede. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn seit Ende der 90er Jahre, seit dem Beitritt zur Eurozone, ist Italien in eine lange Phase der Stagnation eingetreten. Das Wachstum krebst bei unter 1 Prozent jährlich, und Produktivitätszuwächse wurden gar nicht verzeichnet.

Gewiss, Italien ist ein wichtiger industrieller Standort in Europa - doch sein Geld verdient es vor allem mit traditionellen Sektoren: mit Mode, Möbeln, Pasta. Bei den Zukunftssektoren, bei Biotechnologien, im IT-Bereich, in der Pharmazeutik dagegen ist das Land weitgehend abgemeldet.

Und es zählt gerade noch drei industrielle Großkonzerne: die in der Petrochemie aktive ENI, die ewig kränkelnde Fiat sowie die halbstaatliche Rüstungsschmiede Finmeccanica. Italiens fast komplett kleinteilig organisierte Industrie wendet deshalb lächerlich wenig für Forschung und Entwicklung auf, das Land kommt insgesamt in diesem Bereich auf Ausgaben von nur 1,1 Prozent des BIP - während Deutschland 2,6 Prozent erreicht.

Die Folge: Jedes Jahr wandern mittlerweile gut 30.000 junge Menschen mit Hochschulabschluss ins Ausland ab. Anders als Berlusconi haben sie den Glauben daran verloren, dass "Italien besser als die anderen dasteht".

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