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Italiens RegierungskriseBerlusconi auf Stimmenfang

Das italienische Parlament wird entscheiden, ob es dem amtierenden Ministerpräsidenten das Vertrauen entzieht. Silvio Berlusconi redet vor allem vom Verrat der anderen.

So guter Laune wie neulich beim Staatsbesuch in Russland dürfte Silvio Berlusconi (Mitte) im Moment nicht sein. Bild: dpa

ROM taz | Am Montag läuteten beide Häuser des italienischen Parlaments die Vertrauensdebatte über die Regierung ein, und mit den Abstimmungen am heutigen Dienstag wird sich entscheiden, ob Silvio Berlusconi den Rücktritt einreichen muss.

Berlusconi selbst gab sich in seiner Regierungserklärung vor dem Senat siegesgewiss. "Verrat" warf er jenen Parlamentariern um den Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Gianfranco Fini, vor, die ihm die Gefolgschaft aufgekündigt und die Regierung um ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus gebracht haben. Berlusconi hielt ihnen vor, ein Sturz der Regierung sei "verantwortungslos", da er Italien zum Spielball der Währungsspekulanten machen könne.

Und dann warb der Regierungschef um Stimmen jener Abgeordneten aus dem Fini-Lager, die als Wackelkandidaten gelten: Sei ihm einmal das Vertrauen ausgesprochen, so sei ein politischer Neuanfang der Regierung vorstellbar, natürlich unter seiner Führung. Neben dem politischen Werben finden auch gezielte Abwerbungsversuche mit weit unseriöseren Mitteln statt, sagt die Opposition. "Jemandem den Immobilienkredit abzulösen, ist doch kein Verbrechen", sagte wiederum der Regierungsabgeordnete Giorgio Stracquadanio ungeniert; eben auf diesem Wege soll ein Oppositionsabgeordneter eingekauft worden sein.

Für den Dienstag haben Studenten und Universitätsbeschäftigte aus dem ganzen Land zu einer Großdemonstration nach Rom gerufen, um der Regierung "das Misstrauen von unten" auszusprechen. Kommen wollen auch die Schüler vieler römischer Gymnasien, zahlreiche Metallarbeiter und Erdbebenopfer aus LAquila; erwartet werden mindestens 50.000 Menschen. Die Polizei hat angekündigt, dass die gesamte Innenstadt rund um Abgeordnetenhaus und Senat in eine Rote Zone verwandelt wird.

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