Italienischer Supercup in Saudi-Arabien: Zwei Clubs zaudern
Der SSC Neapel und AC Florenz wollen nach der Eskalation im Nahen Osten nicht beim Supercup in Saudi-Arabien antreten. Ersatz steht schon bereit.
Der Krieg in Israel kommt Neapels Patron Aurelio De Laurentiis entgegen. Der Filmproduzent war nie ein großer Freund der italienischen Supercups im Ausland. Selten genug war sein Team dafür auch qualifiziert. Jetzt ist Neapel aber Meister und automatisch dabei.
De Laurentiis nutzt jedoch die militärischen Auseinandersetzungen in Israel für eine Infragestellung des Supercup-Projekts in Saudi-Arabien: „Seht ihr denn nicht, was gerade in Israel passiert, womöglich mit Flugverbot in der Region? Und dann bringen wir mit 4 Fliegern 120 Spieler dorthin? Alles nur für ein paar Milliönchen mehr?“ Der durch die gerade erlittene Niederlage seines Teams gegen den AC Florenz recht aufgewühlte Präsident machte seinem Herzen Luft.
23 Millionen Euro soll das neue Format den vier beteiligten Teams bringen. Vier der nächsten sechs Supercup-Finals sind bereits an Saudi-Arabien vergeben, das mit seiner Sportoffensive weiter voranschreitet. De Laurentiis gehört zu den wenigen prominenten Sportmanagern, die ganz offen die ethischen Probleme dabei benennen. „Die arabischen Länder müssen sich den Regeln anpassen, was Frauenrechte und Arbeitsrechte angeht“, forderte er.
Und der eigenen Branche schrieb er ins Stammbuch: „Wenn man vom Sport redet, geht es um Gesundheit und Wohlbefinden. Und wenn das nicht befördert wird, muss mich das in Sorge versetzen.“ Mit dieser Haltung wünscht man sich den oft vogelwild argumentierenden Vereinsboss vom Vesuv geradezu in die Chefsessel von Fifa und IOC.
Supercup in Libyen
Die graue Masse an Spitzenfunktionären im Sport folgt aber weiter stur dem Lockruf des Geldes. Die italienischen Vertreter des Fußballs waren früh dabei. Schon 2002 waren beim Supercup Petrodollars im Spiel. Juventus Turin und AC Parma trafen in der libyschen Hauptstadt Tripolis aufeinander. Die Gründe waren selbsterklärend. Der Sohn vom Staatschef Muammar al-Gaddafi war leidenschaftlicher Fußballer. Außerdem war der Staatsfonds des an Erdöl reichen Landes – kaum etwas anderes als die Privatschatulle des neun Jahre später getöteten Herrschers – Minderheitsaktionär bei Juventus und beim Mutterkonzern Fiat.
Der Ausflug war politisch äußerst umstritten und sportlich ein großes Debakel, was vor allem am Spielfeld lag. „Es glich eher einer Partie Beachsoccer“, blickte die Gazzetta dello Sport spöttisch zurück. Kaum besser muss der Rasen beim Ausflug ein Jahr später in die USA gewesen sein. Und auch der nächste Expansionstrip war bizarr. Als „Kartoffelacker mit Schlammpfützen“ ging das Braungrün des Pekinger Nationalstadions im Jahr 2009 in die Supercup-Annalen ein. Über die Stadionlautsprecher wurde auch nicht die Hymne vom Finalisten Lazio Rom, sondern die des AS Rom eingespielt. In Peking fehlte es an der nötigen Sachkenntnis für solche Feinheiten.
Das nächste Kapitel wurde mit den historisch schlecht besuchten Ausflügen nach Doha (2014 mit 14.000 Besuchern, 2016 mit 11.356) aufgeschlagen, bevor 2019 die Hafenstadt Dschidda die saudische Phase dort einleitete.
Das Geld nehmen die teilnehmenden Klubs gern entgegen. Für Neapel und den ebenfalls zaudernden AC Florenz brachten italienische Medien als Ersatz schon den AC Mailand und Atalanta Bergamo (4. und 5. der letzten Saison) ins Spiel. Meister Inter Mailand und Pokalsieger Lazio ließen bisher keine Unlust am Trip in die Wüste erkennen.
Für Stirnrunzeln sorgt immerhin der dichte Kalender. Der ursprüngliche Termin zwischen dem 4. und 8. Januar 2024 wurde auf Bitte der saudischen Organisatoren drei Wochen nach hinten verlegt. Er kollidierte mit dem spanischen Supercup und der Fifa Klub-WM Ende Dezember. Für den neuen Zeitraum müssen aber Ansetzungen der Serie A sowie Achtel- und Viertelfinale der Coppa Italia verlegt werden. Die allgemeine Sicherheitslage könnte den Ausflug nun komplett platzen lassen – und zu einer Neubewertung auch anderer Sportgroßveranstaltungen in der Region führen.
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