piwik no script img

Italienischer Fotograf gestorbenUnited Colors of Oliviero Toscani

Mit Werbekampagnen für Benetton löste Oliviero Toscani in den 1990er Jahren Debatten aus. Jetzt ist der Fotograf im Alter von 82 Jahren gestorben.

Eine Kampagne des italienischen Fotografen Oliviero Toscani für die Marke Benetton aus dem Jahr 1993 Foto: Ricotti/ZUMA Press/imago

„Wohlbehütete Bürger in den reichen Gegenden der Welt …erfahren vorwiegend durch die Kamera von den Schrecken dieser Welt.“ Schreibt Susan Sontag in ihrem Essay „Über Fotografie“ und schickt gleich einen Zusatz hinterher, um die Aussage zu verstärken: „Fotografien können den Betrachter quälen, und sie tun es auch.“

Fotos des italienischen Fotografen Oliviero Toscani für die Modemarke Benetton waren in den frühen 1990ern auf Plakatwänden in ganz Deutschland verbreitet. In München hingen sie etwa im Universitätsviertel, rings um Schelling- und Amalienstraße, wo ich meine Studienjahre verbracht habe.

Diese Toscani-Aufnahme von 1993 zeigt vermutlich die blutige Kleidung eines Soldaten, der im Bosnienkrieg getötet wurde. Unten am Bildrand zu sehen ist Werbung für einen Mantel- und Degenfilm mit Charlie Sheen. Krieg, Gewalt und Leid, im Kino und Fernsehen zur spannenden Unterhaltung abstrahiert, schienen damals weit weg vom Alltag zu sein.

Der italienische Fotograf Toscani hat das Gemetzel, das circa 900 Kilometer südöstlich von München im Balkan vor sich ging, mit diesem Foto viel mehr ins kollektive Gedächtnis gerufen als viele Nachrichten. „United Colors of Benetton“: Das Rot des Bluts überdeckt alle anderen Farben der Fotografie, das triefende T-Shirt weist bei genauerem Hinsehen ein Einschussloch auf, rechts in Bauchhöhe, das Weiß außenrum wie eine Mahnung.

Toscani lernte sein Handwerk Anfang der 1960er in der Fotoklasse der Hochschule für Gestaltung in Zürich. Von Anfang an ging es ihm darum, Aufmerksamkeit mit Bildern zu erregen. „Am Ende bin ich sehr privilegiert, selbst im Unheil!“, hat er zu seiner Tätigkeit als Fotograf gesagt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!