piwik no script img

Italiener über verpasste WM-Qualifikation„Ich bin Italiener und hasse Fußball“

Mit dem 0:0 gegen Schweden hat Italien bei den Play-Offs die WM-Qualifikation verpasst. Was sagt unser taz-Italienexperte dazu?

Sorry, Traum geplatzt Foto: ap
Jonas Schönfelder
Interview von Jonas Schönfelder

Ma che vuoi? Am Montagabend hat Italien unentschieden gegen die schwedische Fußball-Nationalmannschaft bei den WM-Play-offs gespielt. Weil Schweden das erste Spiel mit 1:0 gewonnen hatte, fahren die Azzurri 2018 nicht nach Russland und verpassen damit erstmals seit 1958 eine Weltmeisterschaft. Was bedeutet das für einen in Deutschland lebenden Italiener?

taz: Giuseppe, zuerst unser Beileid für die verpasste WM-Teilname. Wie fühlst du dich heute?

Giuseppe Locatelli: Die Italiener sehen sich jetzt als Opfer, aber ich fühle mich nicht anders als gestern. Ich bin gar nicht traurig, im Gegenteil: Ich bin froh, obwohl meine Landsleute mich für diese Aussage wohl gerne steinigen würden. Ich finde, dass es im Fußball zu sehr ums Geld geht – nicht nur in Italien, sondern in ganz Europa und Südamerika. Die sportliche Komponente kommt mir dabei zu kurz. Meine Landsleute machen jetzt ein nationales Drama aus der Sache. Vielleicht führt es ja auch zu weniger Interesse an Fußball, aber das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Würdest du dich mehr für Fußball inter­essieren, wenn es weniger um finanzielle ­Interessen ginge?

Bild: Christian Jungeblodt
Im Interview: Giuseppe Locatelli

ist in Cuggiono nahe Mailand geboren und lebt seit neun Jahren in Deutschland. Er betreut den Empfang und den Shop im taz Café.

Wenn es mehr um Sport ginge, dann würde mein Interesse wahrscheinlich wieder steigen. Ich war auch schon ein paarmal im Stadion in Mailand, aber das ist nichts für mich. Ich assoziiere Fußball immer auch mit Gewalt und deshalb ist mein Bild dieser Sportart eher negativ geprägt.

Siehst du dir denn noch Fußballspiele im Fernsehen an?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin Italiener und ich hasse Fußball. Ich schaue seit Jahren kein Spiel mehr, auch keine Europa- oder Weltmeisterschaft. Ich nutze die Zeit, um ins Sportstudio zu gehen. Dann ist es immer total leer, weil die Leute alle vor der Glotze sitzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • ... und für Landsleute von Guiseppe, die das nicht so entspannt sehen, könnte man ja während der WM ein paar Freundschaftsspiele der Italiener gegen europäische Frauen-Nationalmannschaften organisieren.