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■ Italien kehrt in das europäische Währungssystem zurückDer Preis des Euro

Natürlich wollen wir die Italiener nicht „draußen“ halten vor der Maastricht-Tür. Wie wir auch die Spanier, Portugiesen und Griechen nicht zu Europäern minderen Maßes stempeln wollen. Doch was nun mit der forcierten Wiederaufnahme Italiens in das EWS – als Voraussetzung für den Euro-Beitritt von Beginn an – geschaffen wird, weist auf böse Folgen hin, die aus solchen Beitrittsanstrengungen für ganz Europa erwachsen werden.

Trotz aller Anti-Europa-Rhetorik, die die schwächeren Länder allenthalben pflegen (in der Hoffnung, die Kriterien könnten etwas gelockert werden), ackern alle EU-Staaten auf die Maastricht-Normen hin. Sie verabschieden Sparhaushalte en masse – und alle mehr oder minder nach dem gleichen Motto: Gekappt wird, was sich nicht wehren kann oder kurzfristig keine Rendite verspricht. Erst werden Armen und Kranken, Alten und Randgrüpplern die Zuwendungen gestrichen, dann Arbeitern ihre Krankheitssalärs und Renten gekürzt, die Schuletats herabgefahren, die Universitäten mit Studiengebühren belastet, und so weiter und so fort. Im aktuellen Fall Italien sind die Gesundheitsvorsorge und das staatliche Dienstleistungswesen – an sich sowieso nicht besonders modern ausgestattet – durch den Maastricht-Haushalt auf Null gebracht worden, das Bildungswesen wird privatisiert und damit der staatliche Auftrag einer für alle gleichen und erschwinglichen Bildung liquidiert.

So schädigen die meisten Länder wegen Maastricht ihre eigene Struktur in einem nicht wieder gutzumachenden Maß. Auf lange Sicht werden sie damit die Gemeinschaft, die sie durch ihren Beitritt stärken sollen, eher gefährden. Die Reduktion des Gesundheitswesens produziert noch mehr Kranke, die Sanierungssteuern schaffen neue Arme in Massen; der Mangel an öffentlichen Aufträgen treibt Zehntausende von Betrieben in den Ruin und vermehrt das Heer der Arbeitslosen; die Gefährdung der Breiten- und die Verengung der wissenschaftlichen Bildung mindert schon sehr bald die internationale Konkurrenzfähigkeit auch der nationalen Ökonomie.

Italien ist ein Lehrstück dafür, wie die Fixierung auf den Euro ein ganzes Land weiter in den Ruin treibt, statt es an Europa gesunden zu lassen. Werner Raith

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