Israels Regierung rückt nach rechts: Ein Siedler als Verteidigungsminister
Netanjahu holt die ultrarechte Partei Israel Beitenu in die Koalition. Deren Vorsitzender Lieberman übernimmt das Amt des Verteidigungsministers.
Die Regierungsumbildung ist der vorläufige Höhepunkt einer turbulenten Woche in der israelischen Innenpolitik. Netanjahu hatte zunächst mit der gemäßigten Arbeiterpartei über eine Regierungsbeteiligung verhandelt, auch weil er international unter Druck steht, Friedensverhandlungen mit den Palästinensern wieder aufzunehmen. Stattdessen holte der Regierungschef aber dann Liebermans Partei in die Koalition.
Diese hat damit 66 der 120 Sitze im israelischen Parlament, der Knesset. Zuvor waren es nur 61 gewesen und damit eine so knappe Mehrheit, dass ein einzelner Abgeordneter bei wichtigen Entscheidungen die ganze Regierung in Geiselhaft hätte nehmen können.
Der bisherige Verteidigungsminister Mosche Jaalon war zurückgetreten, nachdem sich die Beteiligung von Israel Beitenu an der Regierung und seine Ablösung bereits abgezeichnet hatte. Jaalon hatte dabei seiner und Netanjahus Likud-Partei vorgeworfen, von extremistischen und gefährlichen Elementen unterwandert worden zu sein.
Auch Jaalon war gegenüber Friedensverhandlungen mit den Palästinensern skeptisch eingestellt und galt in Sicherheitsfragen als Hardliner. Allerdings stuften ihn Beobachter als Politiker ein, der weniger von nationalistischer und religiöser Ideologie getrieben war als etwa Lieberman.
Lieberman polarisert
Der frühere Außenminister gilt als eine der polarisierendsten Figuren in der israelischen Politik. Der 57-Jährige war in den vergangenen drei Jahrzehnten mal Netanjahus enger Vertrauter, mal sein erbitterter Widersacher.
Mit seinem Eintritt in die Regierung wird das Kabinett zunehmend von Ultranationalisten und Orthodoxen dominiert, die einen eigenen Staat Palästina ablehnen und enge Verbindungen zu den jüdischen Siedlern im Westjordanland pflegen. Lieberman selbst ist dort Siedler. Netanjahu versicherte aber, dass seine Regierung weiter einen Frieden mit den Palästinensern anstrebe.
Über die Jahre machte Lieberman mit einer ganzen Reihe hetzerischer Aussagen Schlagzeilen. Unter anderem schlug er vor, den Assuan-Staudamm in Ägypten zu sprengen und die Palästinensische Autonomiebehörde zu stürzen. Erst vor wenigen Wochen drohte er mit der Ermordung eines Hamas-Führers im Gazastreifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund