Israels Premier trifft US-Präsident Obama: In schwieriger Mission
In Washington wird Benjamin Netanjahu gegenüber US-Präsident Barack Obama erklären müssen, wie er sich den Weg zum Frieden im Nahen Osten vorstellt.
JERUSALEM taz | Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wird am Montag offiziell als Regierungschef mit US-Präsident Barack Obama zusammentreffen. Für beide bedeutet das Gespräch eine erste diplomatische Prüfung. Bis drei Stunden vor seinem Ablug in die USA ließ sich der Israeli von seinen Beratern einweisen. Staatspräsident Schimon Peres gab ihm den Rat, um jeden Preis einen Konflikt mit der US-Regierung zu vermeiden. Auf der Agenda stehen vor allem drei Konfliktpunkte: Palästinenserstaat, Iran und Siedlungsbau.
Obama sieht die Zweistaatenlösung unverändert als einzige Chance, den arabisch-israelischen Konflikt zu einem Ende zu bringen. Netanjahu hingegen strebt zwar eine Fortsetzung des Dialogs mit den Palästinensern und engere wirtschaftliche Zusammenarbeit an, die Gründung eines Staats Palästina knüpft er jedoch an Bedingungen. Erst wenn die Palästinenser bereit seien, Israel als jüdischen Staat anzuerkennen, werde er über zwei Staaten verhandeln. Das wiederum lehnt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ab. "Nennt euch doch, wie er wollt, das geht mich nichts an", konterte er auf Netanjahus Forderung flapsig. "Es gibt einen Staat Israel in den Grenzen von 1967, keinen Zentimeter mehr und keinen weniger. Etwas anderes akzeptiere ich nicht."
Israels Verteidigungsminister Ehud Barak sieht vorläufig gar keinen Grund zu Definitionen. "Auch Netanjahu versteht, dass am Ende des Prozesses das Ziel der zwei Völker steht, die in Frieden und Sicherheit Seite an Seite leben", meinte er am Wochenende auf Channel 2. Barak selbst war nie von dieser Position abgewichen. Wahrscheinlich ist, dass sich Netanjahu in Washington weder mit einem klaren Ja noch einer definitiven Ablehnung der Zweistaatenlösung positionieren wird, sondern das Verhandlungen überlässt.
Netanjahus drängendstes Anliegen ist die drohende Atommacht Iran. Ohne eine Lösung für die Gefahr aus Teheran könne es keinen Fortschritt mit den Palästinensern geben, ist seine Haltung, mit der er die frühere Forderung der USA an Israel genau umdreht: Laut USA müsse zuerst der Friedensprozess mit den Palästinensern vorangetrieben werden, bevor sich das Weiße Haus um den Iran kümmert. Diese Art der Verknüpfung sei insofern schwierig, als "die USA genauso wenig wie wir eine Atommacht Iran wollen", so Verteidigungsminister Barak. Das sieht Netanjahu ähnlich. "Die Obama-Präsidentschaft steht vor zwei großen Aufgaben", stellte er fest, "die Wirtschaft zu sanieren und den Iran an Nuklearwaffen zu hindern."
Jerusalem hat offiziell keine Einwände gegen den von Obama angestrebten Dialog mit Teheran. Allerdings sollte er zeitlich begrenzt sein, von Sanktionen begleitet und mit der Perspektive auf "scharfe Maßnahmen" im Fall eines Scheiterns, so Netanjahu. Eines seiner Wahlversprechen war, "niemals zuzulassen, dass Iran in den Besitz nuklearer Waffen kommt". Dazu würde er "tun, was immer notwendig ist". Obama ließ Netanjahu daraufhin eine Botschaft überbringen mit der Aufforderung, die USA nicht mit einer Militäroperation gegen Iran zu überraschen. Netanjahu wird umgekehrt Obama bitten, ihn über die bevorstehenden amerikanisch-iranischen Verhandlungen mindestens auf dem Laufenden zu halten.
Die Themen Siedlungsbau und Häuserzerstörung würde Netanjahu am liebsten völlig von der Agenda streichen. Bei beiden Themen muss Israels Regierung ernste Kritik fürchten. "Ein Drittel des Bevölkerungszuwachses in den Siedlungen ist auf den Zuzug von Israelis zurückzuführen", berichtete die liberale Haaretz am Sonntag und widerlegte damit die offizielle israelische Formel des "natürlichen Wachstums". Die USA halten denn auch an der "Roadmap" von 2003 und der darin vereinbarten Einstellung des Siedlungsbaus fest.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül