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Israels Außenminister tritt zurückLieberman erteilt Netanjahu Absage

Herber Rückschlag für Israels Regierungschef Netanjahu. Für seine neue Regierung kann er nicht mehr mit seinem langjährigen Verbündeten Lieberman rechnen.

Will in die Opposition: Avigdor Lieberman. Bild: reuters

JERUSALEM ap | Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman und seine Partei Israel Beitenu wollen der künftigen Regierung nicht mehr angehören. Der langjährige Verbündete von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte am Montag mit, er könne nicht in einer Regierung sitzen, die Vereinbarungen mit ultraorthodoxen Partnern geschlossen habe. Zugleich trat er von seinem Amt zurück und sagte, seine Partei werde sich der Opposition anschließen.

Für Netanjahu, der bis Mittwoch nach den Wahlen vom März eine neue und mehrheitsfähige Regierung bilden will, ist dieser Schritt ein Rückschlag. Wer Lieberman als Außenminister im Amt folgen wird, blieb am Montag unklar.

Auf der Suche nach Koalitionspartnern hatte Netanjahu vergangene Woche Verträge mit zwei Partnern, der Mitte-Rechts-Partei Kulanu und der ultraorthodoxen United Torah Judaism geschlossen. Der Deal mit den Ultraorthodoxen schließt dem Vernehmen nach auch Zugeständnisse an diejenigen ein, die aus religiösen Gründen nicht am Militärdienst teilnehmen wollen. Die Knesset will die Wehrpflicht stufenweise auch für die ultraorthodoxen Juden einführen.

Der Konservative Lieberman diente seit zwei Legislaturperioden als Außenminister und war bisher ein wichtiger Verbündeter für Netanjahu. Der frühere Türsteher einer Bar war 1978 aus der damaligen Sowjetrepublik Moldau nach Israel ausgewandert. 1996 stieg er zu nationaler Bekanntheit als Topberater Netanjahus während dessen damaliger Amtszeit als Regierungschef auf. Später verließ Lieberman Netanjahus Likud-Partei und zog als Vorsitzender von Israel Beitenu 1999 ins Parlament ein.

Israel Beitenu ist weltlich ausgerichtet, aber für ihren radikalen Ton bekannt. Lieberman hatte sie gegründet, um die Interessen der mehr als eine Million Immigranten aus der früheren Sowjetunion zu vertreten. Bei der Parlamentswahl im März verlor die Partei Zustimmung und hat nun nur noch sechs Sitze in der Knesset.

Ohne Liebermans Partei dürfte Netanjahu nur noch eine sehr knappe Mehrheit von 61 der 120 Mandate zusammenbekommen. Es wird aber erwartet, dass er sich mit Shas, einer weiteren ultraorthodoxen Partei, und der nationalistischen Partei Jüdisches Heim verbündet.

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1 Kommentar

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  • Er muss zumindest nicht befürchten, es würde sich in der israelischen Außenpolitik ohne ihn grundlegendes ändern. Vielleicht kann sich so aber seine Partei von ihren Verlusten erholen und als standfest darstellen und wer weiß, ob er nicht bald wieder gebraucht wird.

     

    Gerade schwierige Regierungsbildungen sind zudem eine der wiederkehrenden, zeitnehmenden und deshalb beliebten Prozeduren, die es seit Jahrzehnten möglich machen, die Probleme, die der Staat Israel seit Anfang an in Palästina hat, weiter auf die lange Bank zu schieben oder zu verschweigen, um anschließend darzulegen, der Status Quo habe sich mittlerweile so sehr verfestigt, dass unter gar keinen Umständen mehr daran gedacht werden könne, an ihm zu rütteln. Somit findet „schwierige Regierungsbildung“ dankende Abnehmer in westlichen Medien.

     

    Ansonsten verbleibt weiterhin das Ausmalen, welcher Bedrohung die Welt durch den Iran ausgesetzt sei, neben gelegentlichen Feldzügen in den Gazastreifen oder in Nachbarländer und neben dem Lamentieren, leider, leider keinen Verhandlungspartner zu haben, um in die Zukunft ohne ungewollte Änderungen zu schreiten und weiter die eigenen Pläne in die Tat umzusetzen.