Islands Fußballer bei der U21-EM: Kraut-Killers eröffnen Meisterschaft
Die isländische Mannschaft ist gut drauf: In der EM-Qualifikation kickte man die Deutschen raus. Der isländische Trainer sagt: "Ich hätte zwei Kader nominieren können".
BERLIN taz | Es war eine der empfindlichsten Schlappen in der Geschichte der deutschen U21-Nationalmannschaft.
Am 11. August 2010 hatte die Auswahl von Trainer Rainer Adrion mit dem 1:4 in Harfnarfjödur gegen Island die letzte Chance verspielt, sich für die heute beginnende U21 Europameisterschaft in Dänemark zu qualifizieren.
Als Titelverteidiger mit Jungstars wie Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Marcel Schmelzer oder Kevin Großkreutz, die mittlerweile reichlich Erfahrung im deutschen A-Team gesammelt haben, auszuscheiden, das war für viele der Tiefpunkt in ihrer bisherigen Karriere. Seitdem steht auch fest, dass bei den Olympischen Spielen 2012 in London keine deutsche Elf am Start sein wird. Nur die ersten drei der EM qualifizieren sich. Für Island dagegen war der Sieg über Deutschland die Bestätigung des zweiten Gruppenrangs hinter Tschechien. Über die Playoffs und zwei 2:1-Erfolge gegen Schottland qualifizierten sie sich für die EM. Die Sensation war da.
Islands Trainer: "Nicht der Erfolg ist entscheidend"
Dass die Nachwuchsarbeit im Land der Naturschauspiele bereits Früchte trägt, zeigte die schwierige Nominierung des Kaders. U21-Trainer Eyjolfur Sverrisson brachte es auf den Punkt: "Für die Euro hätte ich zwei 23-Mann-Kader nominieren können. Wir haben so viele gute Spieler, deshalb war es eine schwierige Entscheidung." Der 42-Jährige gab aber zu verstehen: "Nicht der Erfolg ist entscheidend, sondern, dass sich diese Spieler gut verstehen, das ist das Allerwichtigste."
Ein Trumpf im isländischen Team könnte die Erfahrung sein. Da man für eine Teilnahme am Turnier am 1. Januar 1988 oder später geboren sein muss, setzt Trainer Sverrisson gleich auf neun Spieler mit dem Geburtsjahr 1988 und auf acht, die 1989 zur Welt gekommen sind. Einer, der trotz seiner jungen Jahre schon vor Erfahrung strotzt, ist Aron Einar Gunnarsson. Der 21-jährige Verteidiger, der auch im zentralen Mittelfeld eingesetzt werden kann, ist bereits 22-mal für das A-Team aufgelaufen.
Bei seinem Verein Coventry City in der englischen zweiten Liga zählt er seit drei Jahren zum Stamm. In seiner ersten Saison bei Coventry wurde er sogar zum Spieler des Jahres in seinem Verein gewählt. Er sagt über sich: "Alles, was ich tun kann, ist mein Bestes, aber der Konkurrenzkampf in der Mannschaft ist sehr gesund und hält mich stark. Wenn manche Spieler darüber reden, dass sie nur an Geld und Ruhm denken, so denke ich nur ans Spielen und an den Spaß im Spiel."
Erstes Spiel gegen Weißrussland
Druck vor den großen Auftritten bei der Euro kennt Gunnarsson nicht: "Ich kümmere mich nicht um Druck. In Island sind immer viele Leute im Stadion, und die wollen immer, dass wir gewinnen. Daher ist die Vorfreude größer." Das erste Spiel morgen gegen Weißrussland in Aarhus (18 Uhr, Eurosport live) ist aber schon ein sehr bedeutendes.
"Es ist wichtig, ein gutes erstes Spiel zu absolvieren, da wir ja nur drei Partien haben, um in unserer Gruppe weiterzukommen", meinte Trainer Sverrisson. Die anderen Begegnungen bestreitet Island gegen die Schweiz am Dienstag und gegen Gastgeber Dänemark am nächsten Samstag. Wenn nun das Land im Norden Europas die Leidenschaft der Qualifikation und der Vorbereitung, in der man auch noch Titelfavorit England besiegen konnte, in die Europameisterschaft übertragen kann, steht der nächsten Sensation wohl nichts mehr im Wege.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin