Islamisten wegen Anschlags angeklagt: Vorwurf des versuchten Mordes
Die Bundesanwaltschaft will vier Männer wegen des Anschlagversuchs von Bonn und versuchten Mordes vor Gericht bringen.
KARLSRUHE taz | Generalbundesanwalt Harald Range hat jetzt Anklage gegen vier islamistische Terrorverdächtige aus NRW erhoben. Sie sollen gemeinsam versucht haben, Markus Beisicht, den Vorsitzenden der Rechtsaußenpartei Pro NRW, zu ermorden. Einer der mutmaßlichen Täter, Marco G., soll außerdem einen Sprengstoffanschlag auf den Bonner Hauptbahnhof versucht haben.
Laut Anklage legte Marco G. am 10. Dezember 2012 auf Gleis 1 des Bonner Hauptbahnhofs eine blaue Tasche mit einer Rohrbombe ab. Nur durch Glück versagte der Zünder. Sonst wären unzählige Menschen getötet worden. Den anderen drei Islamisten kann bisher keine Beteiligung an diesem Anschlag nachgewiesen werden.
Spätestens bei einem Treffen am 22. Dezember sollen die vier jedoch eine terroristische Vereinigung gegründet haben. Ihr Ziel: Sie wollten Politiker von Pro NRW töten, um auf den islamfeindlichen Landtagswahlkampf der Partei zu reagieren. Insbesondere die Zurschaustellung von Mohammed-Karikaturen sollen sie als nicht hinnehmbare Provokation empfunden haben.
Das Quartett beschaffte sich zwei Schusswaffen mit Schalldämpfer und spähte die Lebensumstände des Pro-NRW-Vorsitzenden aus. Da hatte die Polizei das Quartett aber längst im Visier. Unter anderem war das Auto von G. verwanzt. In der Nacht vom 12. auf den 13. März wurden Marco G. und ein Komplize bei der letzten Erkundungsfahrt vor dem Anschlag festgenommen. Am nächsten Morgen hätte Beisicht erschossen werden sollen. In derselben Nacht nahm die Polizei auch die beiden anderen Männer fest.
Erst bei der nachfolgenden Wohnungsdurchsuchung kam der Verdacht auf, dass Marco G. auch hinter dem gescheiterten Sprengstoffanschlagsversuch auf den Bonner Bahnhof stecken könnte. So fand sich bei ihm ganz ähnlicher Sprengstoff, wie er in Bonn benutzt wurde. Umfangreiche kriminaltechnische Untersuchungen ergaben weitere Querverbindungen. So fanden sich an Utensilien in der blauen Tasche vom Bahnhof DNA-Spuren von Marco G.s dreijährigem Sohn und von seiner Frau.
Angeklagt sind der 26-jährige Deutsche Marco G. aus Bonn-Tannenbusch, der Deutschtürke Koray D. (26), der deutsche Staatsangehörige Tayfun S. (24) sowie der Albaner Enea B. (43). Über die Zulassung der Anklage muss nun das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden, bei dem auch der Prozess stattfinden würde. Die Täter sollen, so der Generalbundesanwalt, nicht im Auftrag einer konkreten Terrororganisation gehandelt haben. Vielmehr hätten sie sich, ausgelöst durch Botschaften im Internet, selbst radikalisiert und zu den Taten entschlossen. Als Auslöser nannte Range eine Audiobotschaft mit dem Titel „Tod der Pro NRW“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag