Islamisten in Abschiebehaft: Lieber Algerien als Bremen

Die Zahl der Islamisten in Bremen steigt deutlich an, 60 von ihnen gelten den Behörden als „gewaltorientiert“. Drei sitzen nun in Abschiebehaft.

Die Jva Oslebshausen hinter einem Drahtzaun

Schlupfloch für Gefährder: in der JVA Oslebshausen. Foto: dpa

BREMEN taz | 480 Menschen, die in Bremen leben, stuft die Innenbehörde derzeit als „Islamisten“ ein. Das sind 120 mehr als noch im vergangenen Jahr, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gestern der Presse. Einen von ihnen, den 25-jährigen Mohammed A., will Bremen jetzt nach Algerien abschieben.

Er wird beschuldigt, in einer Bremer Moschee den „Islamischen Staat“ verherrlicht und das Attentat von Anis Amri auf dem Berliner Weihnachtsmarkt „öffentlich glorifiziert“ zu haben, wie Mäurer sagt. Außerdem soll er „engen Kontakt“ zu dem ebenfalls in Abschiebehaft sitzenden Oussama B. gehabt haben, der auch als Islamist eingestuft wird und ebenfalls aus Algerien kommen soll. Ferner soll ein Russe abgeschoben werden, weil er als „sehr gefährlich“ eingeschätzt wird.

A. hatte den Behörden zufolge in gleich drei Bremer Moscheen Hausverbot – nur nicht im Islamischen Kulturzentrum am Breitenweg. Der Verein gilt als Hochburg der Salafisten in Bremen und wird vom Verfassungsschutz beobachtet – Mäurer möchte ihn gern verbieten.

Mohammed A. war 2014 nach Europa gereist und hatte zunächst angegeben, aus Libyen zu kommen. Später gab er an, ein unbegleiteter Minderjähriger aus Syrien zu sein. 2015 tauchte er in Belgien auf, wo er den Behörden zufolge mit „islamistischen Überzeugungen“ und einem anderen Namen auffiel: Insgesamt soll A. über 20 Aliaspersonalien benutzt haben, was aus Sicht des Bremer Geheimdienstes für „konspiratives Verhalten“ spricht.

13.971 AsylantragstellerInnen kamen laut Senat zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 1. Mai 2017 nach Bremen. In dieser Zeit wurden 14.730 Asylanträge gestellt – 8.397 wurden als Flüchtling, 66 als Asylberechtigte anerkannt, 3.137 abgelehnt.

3.854 Straftaten wurden 2016 laut Polizei in Bremen erfasst, bei denen die Tatverdächtigen im Asylverfahren, asylberechtigt oder geduldet waren, gezählt wurden dabei auch jene, die vor 2015 Bremen erreichten. Darunter sind 1.515 Fällen von Diebstahl, 941 Rohheitsdelikte und 58 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Dabei wurden insgesamt 2.322 Tatverdächtige ermittelt. (taz)

„Er war nicht völlig autark, sondern in einem Netzwerk zu Hause“, sagt Mäurer. Inzwischen würden aber alle neu ankommenden Geflüchteten erkennungsdienstlich behandelt – anders als damals würde ein Alias heute also auffallen, versichern die Behörden.

Seit März saß A. zunächst in Untersuchungshaft, weil er wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und unerlaubtem Aufenthalt aufgefallen war. Außerdem gehört er zu einer Gruppe von 60 Islamisten, die die Innenbehörde derzeit als „gewalt­orientiert“ eingestuft. 20 davon gelten als „Gefährder“ – ihnen traut die Polizei grundsätzlich einen Terrorakt zu. A. gehört dazu.

Ob er tatsächlich nach Algerien abgeschoben wird, hängt davon ab, ob Algerien ihn auch einreisen lässt. Die Abschiebehaft dauert maximal 18 Monate. „Eine Abschiebung ist nicht die Lösung aller Probleme“, sagte Mäurer – „aber jede gelungene Abschiebung ist ein Segen“.

Laut einer aktuellen Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage wurden in Bremen zwischen November 2014 und Mai 2017 insgesamt 1.487 ausreisepflichtige Personen registriert. Davon seien 765 „freiwillig“ ausgereist, 507 geduldet und elf abgeschoben.

Unter den Gefangenen im Bremer Knast waren laut Senat zwischen Januar 2015 und Mai 2017 insgesamt 25 Geflüchtete, 16 von ihnen im Jugendvollzug. Zwölf saßen wegen Gewaltstraftaten ein, zehn wegen Eigentumsdelikten, drei wegen Drogenhandels.

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