Islamisten im Irak: Obama schickt Soldaten
Die US-Regierung will bis zu 275 Soldaten in den Irak schicken. Dem Iran gegenüber zeigt sie sich aufgeschlossen: Man habe gemeinsame Interessen.
WASHINGTON afp | Angesichts der Dschihadisten-Offensive im Irak schickt US-Präsident Barack Obama bis zu 275 Soldaten in die Krisenregion. Die Truppen sollen beim Schutz von US-Bürgern und der US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt helfen und seien falls notwendig „für Kampfeinsätze ausgerüstet“, schrieb Obama am Montag an den Kongress. Am Rande der Atomverhandlungen in Wien berieten erstmals Vertreter der USA und des Iran direkt über die Irak-Krise.
Die Entsendung erster Soldaten nach Bagdad habe am Sonntag begonnen, heißt es in Obamas Brief. Ende 2011 waren die letzten US-Soldaten aus dem Irak abgezogen worden, und eine Rückkehr von Bodentruppen schließt Washington weiterhin aus. Doch durch den Vormarsch der sunnitischen Organisation Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (Isis) hat sich die Lage in dem Land stark zugespitzt. Die Spezialtruppe werde daher so lange vor Ort bleiben, bis es die Situation nicht länger erfordere, schrieb der US-Präsident.
Das Weiße Haus teilte mit, die Einheiten würden bei der Verlegung von Botschaftspersonal von Bagdad in die Konsulate in Arbil und Basra sowie nach Amman in Jordanien helfen. Die Botschaft in Bagdad werde aber nicht geschlossen und die meisten Mitarbeiter würden dort bleiben. Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki habe der Entsendung der US-Soldaten zugestimmt.
USA und Iran haben „gemeinsames Interesse“
Die Isis-Dschihadisten haben seit vergangener Woche weite Gebiete im Nordirak erobert und sind Richtung Bagdad vorgerückt. Am Montag nahmen sie Teile der als strategisch wichtig geltenden, schiitisch dominierten Stadt Tal Afar an einer Hauptstraße zur syrischen Grenze ein. Über die Krise berieten am Montagabend erstmals auch Vertreter der USA und des Iran, nachdem sich die Erzfeinde gegenseitig die Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit gegen die sunnitischen Extremisten signalisiert hatten.
US-Außenamtssprecherin Marie Harf sagte zu CNN, es habe in Wien eine „kurze Diskussion“ gegeben. Beide Seiten hätten „ein gemeinsames Interesse“, dass die militanten Islamisten „im Irak nicht mehr Fuß fassen können“. Es bleibe aber abzuwarten, ob die Gespräche mit den Vertretern Teherans fortgesetzt würden. Pentagonsprecher John Kirby ergänzte, es gebe „keinerlei Plan, militärische Aktivitäten zwischen den USA und dem Iran abzustimmen“.
Grundsätzlich befürworte die US-Regierung „jeden konstruktiven Prozess, der die Gewalt verringert, den Irak zusammenhält und die Präsenz von ausländischen terroristischen Kräften beendet“, sagte US-Außenminister John Kerry in einem Interview. Darin bekräftigte er, dass Washington über Drohnenangriffe gegen Isis nachdenke. Der US-Präsident prüfe „jede verfügbare Option“. Washington entsandte bereits den Flugzeugträger "USS George H.W. Bush" in die Region, am Montag traf ein weiteres US-Kriegsschiff mit 550 Marineinfanteristen an Bord im Persischen Golf ein.
Unterdessen wurde offenbar eine Gruppe von 50 ausländischen Mitarbeitern der Firma Siemens aus dem von Isis-Kämpfern kontrollierten Gebiet gerettet. Spiegel Online berichtete unter Berufung auf das Auswärtige Amt, alle Deutschen seien bis Montagabend sicher in Bagdad und Arbil angekommen. Dem Nachrichtenportal zufolge flogen Helikopter des irakischen Militärs und ein von Siemens gecharterter Jet die Ausländer von Sonntagmittag an aus der Gefahrenzone rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad. Unter den 50 Technikern, die an einem Kraftwerk Modernisierungsarbeiten durchführten, seien neben acht Deutschen auch andere EU-Bürger gewesen. In Berlin habe es die Befürchtung gegeben, die Ausländer hätten von Isis-Rebellen als Geiseln genommen werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!