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Irritationen

 ■ McCASH FLOWS ORAKEL

Es war nur ein „Mini-Crash“, dieser Kurseinbruch am Freitag, dem 13. Oktober. Auf diese Beschwichtigungsformeln hat man sich auf dem Börsenparkett inzwischen geeinigt - die Verunsicherung, die der Crash ausgelöst hat, könnte dennoch kaum größer sein. In Wall Street ging es weiter bergab vergangene Woche gab der Dow-Jones-Index über 90 Punkte, mehr als drei Prozent, nach - und Europas Börsen segelten im Sinkflug hinterher. Der Frankfurter DAX-Index rutschte in der Vorwoche sanft, aber deutlich um insgesamt vier Prozent nach unten.

Da half auch der markige Optimismus nichts, den Commerzbank -Chef Seipp und seine Kollegen bei den Großbanken in Sachen Börse verbreiteten. Daß das „konjunkturelle Umfeld“ stimmt, daß die Auftragsbücher der Unternehmen für 1990 satt gefüllt sind, daß die Zinsspirale ihren Höhepunkt erreicht habe, man bundesdeutsche Aktien derzeit eher kaufen als verkaufen solle, und der „Mini-Crash“ insgesamt kein Anlaß zur Sorge sei - von diesem guten Wind ließen sich weder kleine noch große Anleger sonderlich beeindrucken. Nach acht Jahren Hausse und zwei markanten Kurseinbrüchen scheint die Luft auf dem Aktien-Gipfel zu dünn und die Gefahr eines dritten Absturzes einfach zu groß, als daß man noch größere Summen auf einen weiteren Gipfelsturm setzen möchte. Statt dessen geben sich die Anleger mit der mittlerweile auf 7,2 Prozent gestiegenen Rendite für DM-Festverzinsliche zufrieden, halten sich liquide und warten, bis das nächste Erdbeben an der Börse wieder günstige Einstiegskurse produziert. Angetrieben wird die maue Stimmung an den Aktienmärkten allenfalls von Übernahme-Aktionen und den dabei zu erzielenden Spekulations-Gewinnen - die größte Übernahme der Geschichte bereitet derzeit die texanische Pennzoil vor, die ihren kalifornischen Konkurrenten Chevron schlucken will. An der Börse rechnet man, daß dieses gigantische Geschäft zwischen 34 und 43 Milliarden Dollar kosten würde. Auch auf dem deutschen Markt gibt es einen, vergleichsweise bescheidenen, Übernahmeversuch, wobei die Beobachter derzeit noch spekulieren, ob die Flick-Brüder, VW oder jemand anderes dahinter steckt: Die Aktien des Reifenherstellers „Continental“ jedenfalls zeigten sich auch in den vergangenen schwachen Börsentagen überraschend fest, am Montag konnten sie, bei allgemein flauer Tendenz, um 8,50 DM zulegen.

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