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Irgendwas mit Video-Clip

■ Vage bis bizarr: "Literatur & Fernsehen"-Diskussion im Literaturhaus

im Literaturhaus

Blätter im See und Wellen am Strand, und dazu eine sonore Stimme aus dem Off, die den Plot eines Romans resümiert – so präsentiert das Fernsehen Literatur. Oder, indem es den dazugehörigen Schriftsteller vor die Kamera holt, mitsamt seiner Bücherwand im Rücken oder seinen einsamen Spaziergängen durch Wald und Flur. Es gibt noch ein paar Varianten mehr. Nur: alle haben sie gemeinsam, daß bei solchem Programmangebot das Gros der Fernsehzuschauer schlicht und ergreifend abschaltet.

Doch nicht um Einschaltquoten sollte es am Montag im Literaturhaus gehen. Vielmehr hatten die Teilnehmer des ganztägigen Symposions zum Thema „Literatur im Fernsehen“ Überlegungen für neue und andere Präsentationsformen von Literatur im Sinn. Bye bye, ihr ewigen Romanplot-Bebilderungen, Kultur-Magazinisierungen und Dichter-Porträts?

Satt dessen käme – was? Aber das war auch bis zur Podiumsdiskussion am Abend nicht ganz raus. Die fünf geladenen Medienwissenschaftler und Fernsehpraktiker stellten hier noch mal ihre Thesen vor – doch die hielten sich eher in Grenzen.

Siegfried J. Schmidt von der Uni Siegen bemängelte zwar an den althergebrachten Literaturbeiträgen auf der Mattscheibe die „fehlende Auseinandersetzung von Medium zu Medium“ und die Konservierung eines „bildungsbürgerlichen Literaturbegriffs“. Aber mit viel mehr als der vagen Idee von „videoclip-ähnlichen“ Literaturspots konnte er denn auch nicht aufwarten. Während ein Kulturredakteur vom Hessischen Rundfunk, Wilfried F. Schoeller, von solchen „fernsehrealitäts-“ und „literaturfernen“ Vorstellungen rein gar nichts hielt und nur für mehr Sendeplätze plädierte, damit Redakteure größer angelegte Filmprojekte zum Thema Literatur umsetzen könnten.

Auch im Publikum saßen Berufspraktiker aus der zur Debatte stehenden TV-Sparte, allen voran Paul Kersten vom Bücherjournal. Denen war insbesondere Schmidt mit seinem ressortkritischen Rundumschlag auf den Schlips getreten, so daß sie heftig und mit rhetorischer Spitzzüngigkeit konterten. Schnell war denn wieder zum eigentlichen Problem der Angelegenheit „das“ Bildschirm-Publikum gemacht, welches nun mal naturgemäß, wenn nur das Wort 'Buch' im Fernsehen falle, fluchtartig das Programm verlasse.

So stritt man dann lieber darüber, ob Literatur im Fernsehen „elitär“ sei oder einfach ein „Minderheitenprogramm“, und wieviel „Realität von Literaturvermittlung“ man sich eben beugen müsse - „als Praktiker“ (dazu ein scharfer Seitenblick auf den Repräsentanten aus dem „Elfenbeinturm“). Und letztlich seien ja doch schon alle möglichen Sendeformen ausprobiert worden. Die noch ausstehenden Literatur-Videoclips würde der journalistische Nachwuchs sicherlich nachliefern. Dorothea Schüler

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