piwik no script img

Investoren beim FußballProfitjäger am Ball

Fußballklubs werden für Geldanleger interessant. Sie werden angelockt von stetigen Wachstumszahlen. Doch es drohen hohe Risiken.

Der ehemalige Präsident des Hamburger SV war kein guter Geschäftsmann Bild: reuters

Drei Buchstaben haben alte Fußball-Finanz-Weisheiten auf den Kopf gestellt: KKR. Das Investmenthaus Kohlberg Kravis Roberts & Co. kaufte Anfang des Jahres Unternehmensanteile bei Hertha BSC Berlin. Zuvor glaubten Sportökonomen, dass für Investoren in der Bundesliga keine Rendite zu holen ist. Gilt diese These immer noch?

Bernd Hoffmann hat einst den Leitsatz geprägt: „Fußball ist die Maximierung des sportlichen Erfolgs unter Vermeidung der Insolvenz.“ Wie sich inzwischen herausgestellt hat, war im Falle Hoffmanns, von 2003 bis 2011 Chef beim Hamburger SV, zumindest das Wirtschaften auf der Rasierklinge kein leeres Versprechen: Auch aufgrund von Spielerverträgen aus seiner Ära sind die Kassen beim Bundesliga-Dino heute leer.

Der Hoffmann’schen These pflichtet Hennig Vöpel, Professor für Sportökonomie am Hamburgischen Weltwirtschaftsintitut (HWWI), indessen bei: „Der Wettbewerb unter Vereinen ist so hart und kurzfristig orientiert, dass Überschüsse immer wieder in Spieler investiert werden müssen, sonst ist man weg von der Bildfläche“, sagt er.

Manager, die dieser Maxime nicht folgen, verpassen mir ihren Teams rasch das Saisonziel. Spitzenmannschaften fallen aus den Champions-League-Rängen, Abstiegskandidaten wandern eine Liga nach unten – verbunden mit entsprechenden Umsatzeinbußen in der darauffolgenden Spielzeit. Wehe dem, der einmal in diesen Abwärtsstrudel rutscht.

Die Fußballprofis sind die Profiteure

Vöpel schlussfolgert, dass diejenigen, die in Profiteams investieren „vor allem Mäzene sind, die den Verein als Spielzeug und Hobby betrachten“. Meistens handele es sich um Einzelpersonen, die sich dem Fußball verbunden fühlen oder sich profilieren möchten. „Als Investor kann man im Fußball hingegen nicht systematisch Geld verdienen“, sagt er: „Die Einzigen, die wirklich reich werden, sind die Top-Spieler.“

Umso verwunderlicher erscheint im Falle von Hertha BSC das Millioneninvestment von KKR – einer global agierenden Investmentgesellschaft, deren übergeordnete Prämisse das Vermehren ihres Kapitals ist und die gewiss nicht im Verdacht des Hobbymäzenatentums steht. 61,2 Millionen Euro überwies KKR Anfang des Jahres auf das Konto des Erstligisten. Mit dem Großteil des Betrags verpfändete Hertha künftige Einnahmen – abgesichert durch eine Option, dass KKR seine Anteile an der „Hertha BSC GmbH & Co KGaA“ auf bis zu 33,3 Prozent aufstockt. Knapp 10 Prozent hat sich der Investor bereits gesichert.

Für KKR steht jährliche Rendite nicht im Vordergrund, stattdessen verkauft es seine Anteile im Durchschnitt nach gut sieben Jahren weiter – das lohnt sich aber nur, wenn der Unternehmenswert bis zum Verkaufszeitpunkt gestiegen ist. Es ist eine Wette – auch darauf, dass sich der Trend der vergangenen Jahre fortsetzt. Der WM-Titel im Sommer hat die Marke „Fußball made in Germany“ zusätzlich gestärkt. Seit der Spielzeit 2003/04 sind die Umsätze der 18 Erstligisten kontinuierlich gewachsen. 2012/13 waren sie mit knapp 2,2 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie neun Jahre zuvor.

In Europa entwickeln sich zumindest die Spitzenmannschaften ähnlich. Das Forbes-Magazin, das jährlich eine Liste der wertvollsten Fußballmannschaften herausbringt, schätzte den Wert von Real Madrid im Juni des Jahres auf umgerechnet 2,7 Milliarden Euro. Sieben Jahre zuvor waren es noch rund 810 Millionen Euro. Glaubt man dem Ranking, haben die 20 finanziell stärksten Klubs Europas ihren Wert innerhalb von sieben Jahren von 8,1 Milliarden auf knapp 16,6 Milliarden Euro gesteigert. Ihr Umsatz stieg im gleichen Zeitraum von 3,4 Milliarden auf rund 5,6 Milliarden Euro.

Solche Wachstumszahlen lassen die Finanzbranche aufhorchen. Und tatsächlich ist KKR kein Einzelfall. Fondsgesellschaften, vor allem aus den USA und Großbritannien, halten auch bei Borussia Dortmund, dem einzigen deutschen Bundesligisten, der öffentlich an der Börse gehandelt wird, Aktienpakete. „Diese Fonds, darunter Family Offices oder Versorgungswerke, sind unter der dreiprozentigen Meldeschwelle investiert“, erklärt Dortmunds Finanzguru, Thomas Treß, der den Klub 2006 vor der Pleite rettete.

Gewinne gibt es nur bei internationalem Erfolg

Es sind Investoren, die unterbewertete Aktien im Auge haben, öffentlich genannt werden sie aber nicht. Der BVB-Spielerkader, von transfermarkt.de mit 340 Millionen Euro bewertet, sowie das Stadion im Wert von 120 Millionen Euro sind bereits teurer als die 390 Millionen Euro, die zurzeit alle BVB Aktien kosten. „Diese Fonds erkennen bei Borussia Dortmund Wachstumspotenziale. Das ist kein emotionales Engagement“, sagt Treß.

Der Hoffmann’schen These zum Trotz schüttet der BVB seinen Aktionären zum dritten Mal hintereinander eine Dividende aus. Möglich ist dies, weil der Klub zum vierten Mal in Folge in der Champions-League startet. Nur dort lassen sich tatsächlich Gewinne erzielen. „Wer lediglich an nationalen Wettbewerben teilnimmt, wird am Ende des Tages immer um die schwarze Null kämpfen“, erklärt Treß. Entsprechend sensibel reagiert der Aktienkurs des BVB auf sportliche Ergebnisse. Nach der 0:1-Pleite gegen Hannover sackte der Kurs um 6 Prozent ab.

Man darf gespannt sein, wie die Aktionäre des BVB reagieren, falls der negative Trend anhält und in der kommenden Saison tatsächlich die Einnahmen aus der Champions-League fehlen sollten. Noch spannender könnte es allerdings bei Hertha BSC Berlin werden.

Wie KKR wohl reagieren würde, falls eine sportliche Misere den wirtschaftlichen Erfolg seines Investments gefährden sollte? Im Mittelmaß lässt sich nämlich kaum Gewinn erwirtschaften. Vöpel erklärt: „Der gesamte europäische Fußball hat im vergangenen Jahr einen Verlust von rund 1,7 Milliarden Euro gemacht.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!