■ Interview: „Gemobbt wird in alle Richtungen“
Der Hamburger Sozialpädagoge Reiner Hochfeld über Mobbing im Beruf und was Lesben und Schwule dagegen tun können.
taz : Sticheleien und spitze Ellenbogen am Arbeitsplatz – solche Probleme kommen in den besten Betrieben vor. Haben Schwule und Lesben am Arbeitsplatz besonders damit zu kämpfen?
Reiner Hochfeld: Nein. Mobbing hat in den vergangenen Jahren in vielen deutschen Unternehmen zugenommen. Grund dafür ist die wirtschaftliche Lage. Das kann aber jeden treffen, nicht nur Homosexuelle. Untersuchungen aus Schweden bestätigen, daß lediglich Behinderte stärker betroffen sind als sogenannte Normalbürgerinnen und -bürger.
Trotzdem bieten Sie am Wochenende einen Workshop zum Thema Mobbing an, der sich speziell an Schwule und Lesben wendet.
Schwulsein bietet einfach oft den ersten Angriffspunkt. Ich kenne einige Fälle, in denen sich Leute geoutet haben und dann die Schikane begann. Es hätte aber auch einen anderen Anlaß geben können. Mobbing kann sich immer dann entfalten, wenn es an kompetenter Führung fehlt und die Mitarbeiter anfangen, aus Unzufriedenheit andere zu schikanieren.
Oder der Chef macht selbst kräftig mit.
Das kommt vor. Gemobbt wird in alle Richtungen – von oben nach unten, von unten nach oben oder nur auf einer Ebene.
Wie kann man Abhilfe schaffen?
Erstmal, indem man das Thema offen anspricht. Homosexuellen rate ich, sich zunächst an ihre Interessenvertretung im Betrieb zu wenden oder an eine schwul-lesbische Gruppe in der Gewerkschaft.
Die Politik ist nicht gefragt?
Es ist schwer, da auf rechtlichem Weg etwas zu regeln. Das ist ein Problem, das wir in den Betrieben lösen müssen. Dazu soll auch der Workshop am Wochenende beitragen. Er ist, in diesem Sinne, auch als Präventionsmaßnahme gedacht.
Fragen: Judith Weber
Teil I des Workshops beginnt heute um 14.45 Uhr und endet gegen 16.15 Uhr. Teil II findet morgen zwischen 16.45 Uhr und 18.50 Uhr statt.
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