Interview zu Streubomben: "Die Bundeswehr schätzt den Nutzen"

Bei der Streubombenkonferenz in Wien spiele die Bundesregierung auf Zeit, kritisiert Thomas Küchenmeister vom Aktionsbündnis Landmine.de. Sie wolle die Interessen der Armee schützen.

Mühsame Räumarbeit. Bild: reuters

taz: Herr Küchenmeister, welche Position vertritt die Bundesregierung beim Thema Streuminition?

Küchenmeister: Sie versucht, auf Zeit zu spielen. Einerseits tut die Bundesregierung so, als ob sie an einem Verbot interessiert ist. Aber tatsächlich will sie die Streumunitionsbestände der Bundeswehr und die Interessen der Rüstungsindustrie schützen. Deshalb wollte Deutschland die UN-Waffenkonvention zum entscheidenden Forum für das Thema machen. Dort sitzen die USA und Russland mit am Tisch und die würden nie einem Verbot zustimmen und das weiß die Bundesregierung. Aber hier in Wien ist ganz klar geworden: Das hier ist das relevante internationale Forum für das Thema.

Wofür will die Bundeswehr Streumunition haben?

Die Bundeswehr schätzt den militärischen Nutzen dieser Waffen offenbar als hoch ein. Militärisch Sinn macht Streumunition aber allenfalls bei Feldzügen, wie sie dem US-Präsidenten Bush gegen Iran vorschweben. Und wie hoch kann der militärischer Nutzen einer Waffe sein, deren Opfer zu 98 Prozent Zivilisten sind?

Auch die Behauptung, die deutsche Streumunition sei ungefährlich, wurde hier in Wien klar entmystifiziert: Eine norwegische Studie hat nachgewiesen, dass die Blindgängerquote in realistischen Kriegsszenarien bei weit über zehn Prozent liegen würde.

Wie begründet die Bundeswehr, dass sie die Waffen braucht?

Die Bundeswehr behauptet, sie könne als NATO-Mitglied nicht auf diese Waffen verzichten. Wovon sie diese Verpflichtung ableitet, ist aber unklar. Belgien hat Streumunion verboten und wurde auch nicht aus der NATO ausgeschlossen.

Welche deutschen Firmen verdienen an Streumunition?

An dem Geschäft beteiligt sind Rheinmetall, Diehl, EADS /MBBA, die auf Messen und im Internet Streumunition und -verlegesysteme anbieten.

Wie haben die anderen Staaten auf die deutsche Position reagiert?

Deutschland hat sich hier in Wien zunehmend isoliert. Es sind maximal 15 Staaten, die die deutsche Position stützen, und Deutschland hat für seine Statements nie Applaus bekommen. Genau umgekehrt sah es aus, wenn jemand ein vollständiges Verbot forderte.

Wir müssen jetzt höllisch aufpassen, dass nicht erneut Ausnahmen in das Dokument hineinformuliert werden wie beim Minenverbot, das vor zehn jahren in Ottawa beschlossen wurde. Deutschland will zum Beispiel, dass fernverlegbaren Minen nicht verboten werden.

Wer stand in Wien auf deutscher Seite?

Das waren Anwenderstaaten wie England und Frankreich, aber auch Schweden als Produzent.

INTERVIEW: ANNETTE JENSEN

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