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Interview mit Parteienforscher"Erfolg der Piraten bleibt Ausnahme"

Politikwissenschaftler Uwe Jun nach der Berlin-Wahl über den ausklingenden Trend pro Grün, die Chancen der Piraten in anderen Regionen und den Einfluss Wowereits.

In Berlin wurden die Piraten jetzt klargemacht. In anderen Ländern wird das schwerer. Bild: Reuters
Interview von Sebastian Fischer

taz: Herr Jun, die SPD brachte es bei der Berlin-Wahl auf rund 29, die Grünen auf rund 18 Prozent. Ist Rot-Grün mit diesem Ergebnis jetzt sicher?

Uwe Jun: Das kann man im Moment nur schwer sagen, da sich beide erst auf eine gemeinsame Politik einigen müssten. Es gibt ja einige strittige Punkte, vor allem den Ausbau der A100, aber auch die Aufstockung der Lehrerstellen. Die Grünen werden ihre Forderungen sicher stellen, aber Klaus Wowereit hat schon vorher gesagt: Das kann eine neue Landesregierung nicht erfüllen. Ich bin mir aber sicher, dass es zunächst Koalitionsgespräche zwischen SPD und Grünen geben wird. Die zweite denkbare Koalition, Rot-Schwarz, ist weniger wahrscheinlich.

Wird es die SPD in einem rot-grünen Senat generell schwerer haben, sich durchzusetzen, als mit Rot-Rot?

SPD und Linke hatten in Berlin einen Modus Vivendi gefunden, mit dem es ihnen gelungen ist, in zentralen Fragen Einigkeit herzustellen. Dieser Vorteil schien aber in letzter Zeit aufgebraucht. Deshalb wurde Wowereit auch als amtsmüde und abgearbeitet wahrgenommen. Erst durch den einsetzenden Wahlkampf kam wieder Belebung in die Koalition. Für die SPD kann ein neuer Koalitionspartner durchaus auch neue Energie bringen und sie davor bewahren, in Routine zu erstarren.

Nach Mecklenburg-Vorpommern ist die FDP nun auch aus dem Berliner Landtag geflogen. Droht den Liberalen jetzt der Untergang?

Die FDP befindet sich derzeit sicher in einer der schwersten, wenn nicht sogar in der schwersten Krise in der Geschichte der Bundesrepublik. Auf Bundesebene ringt sie verzweifelt um ein Profil. Mit der Ablehnung von Eurobonds und der Hilfe für die Euro-Krisenländer versucht sie derzeit ein Thema zu finden, mit dem sie in ihrem eigenen Bereich punkten kann. Aber der Wähler reagiert auf solche Entwicklungen nicht so schnell, sondern braucht mehr Zeit. Die FDP muss überlegen, wie es weitergehen soll, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie aus der Regierung aussteigt. Für die Koaliton im Bund bedeutet das natürlich eine erhebliche Belastung und es bleibt abzuwarten, wie die Union reagiert, wenn die FDP offensiver wird.

Bild: Uni Trier
Im Interview: UWE JUN

ist Sprecher des Arbeitskreises "Parteienforschung" der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft sowie Professor für "Vergleichende Regierungslehre - Westliche Regierungssysteme und Bundesrepublik Deutschland" an der Universität Trier.

Ganz anders sieht es bei den Piraten aus, die erstmals in ein Landesparlament einziehen konnten. Glauben Sie an einen einmaligen Erfolg oder könnte es mit den Piraten einen ähnlichen Verlauf nehmen wie mit den Grünen?

Ich glaube das Ergebnis der Piraten ist eher exzeptionell und nicht der Startschuss für einen grandiosen Erfolg. Die Piraten hatten in Berlin günstige Ausgangsbedingungen. Sie sind hier entstanden, bewegen sich also auf ihrem ureigensten Feld. Es gibt auch eine entsprechende Wählerschaft, die ihnen entgegen kommt. Wähler, die in anderen Ländern vielleicht zu den Grünen gewechselt wären, haben in Berlin die Piraten gewählt. Diese haben sich thematisch erweitert und einen originellen Wahlkampf betrieben. Dazu kam dann noch ein schwacher Wahlkampf der Grünen und später auch schwache Prognosen für Künast. Für die Piraten wird es aber sehr schwer werden, mit ihrem Programm in weniger linksliberalen Kreisen außerhalb Berlins zu punkten.

Die Piraten stellen teilweise sehr hohe Forderungen, etwa den öffentlichen Nahverkehr kostenlos zu machen. Jetzt müssen sie sich an der Realität messen lassen. Kann das nicht auch nach hinten losgehen?

Das denke ich vorerst nicht. Die Piraten sind in der Opposition und können daher nicht direkt gemessen werden. Jetzt müssen sie aber parlamentarische Arbeit betreiben und die kann mühsam und kleinteilig sein. Ihre Forderungen können sie allerdings weiter erheben.

Die Linke muss nun in die Opposition gehen. Wird das auch bundesweit negative Folgen für die Partei haben?

Ich denke nicht. Die Berliner Linken hatten immer eine Außenseiterrolle innerhalb der Partei. Sie galten als der realpragmatische Verband und haben auch nie Spitzenpositionen innerhalb der Bundespartei belegt. An der Strategie der Linken wird sich durch das Wahlergebnis nichts ändern.

Das Ergebnis der Berlin-Wahl spiegelt den bundesweiten Trend deutlich wider. Wie viel wurde bei dieser Wahl überhaupt vor Ort bestimmt?

Das ist eine gute Frage, die wir in der Politikwissenschaft nie ganz beantworten können. Meine persönliche Einschätzung ist, dass die SPD in Berlin durchaus einen Vorteil durch die Beliebtheit von Wowereit hatte. Ansonsten sind die Bundestrends deutlich sichtbar und es gab kaum regionale Einflüsse, abgesehen von den Piraten. Für die Grünen ist es natürlich enttäuschend, dass Renate Künast als Spitzenkandidatin keinen positiven Effekt hatte.

Der Wahlkampf der SPD basierte auch fast vollkommen auf Wowereits Person. Sind Inhalte im Wahlkampf überschätzt?

Auch das ist eine Frage, die in der Politikwissenschaft nicht vollkommen geklärt ist. Der Wähler hat mit Sicherheit eine unterschiedliche Wahrnehmung. Da spielen Inhalte schon eine Rolle, aber eben auch die Kandidaten. Das Ergebnis der SPD liegt mit Sicherheit auch an Wowereits Person, aber der Wähler verbindet mit dieser Person eben auch die Politik. Er sieht Kandidat und Thema in Einem. Hätte es eine große Unzufriedenheit mit der Arbeit des Senats gegeben, hätte Wowereit auch anders gewirkt. Es gab aber keine wirkliche Wechselstimmung in Berlin.

Die CDU konnte ein gutes Ergebnis einfahren, bleibt aber wahrscheinlich in der Opposition. Wie geht es jetzt weiter für die Union in Berlin?

Die CDU konsolidiert sich auf einem niedrigen Niveau. Das Ergebnis von heute ist nicht schlecht im Vergleich zum vorherigen. Man darf aber nicht vergessen, dass das Ergebnis vor fünf Jahren sehr schlecht für die damalige CDU war. Frank Henkel, der jetzige CDU-Spitzenkandidat, kann mit dem Ergebnis leben. Aber die CDU in Berlin muss ein klares Profil gewinnen und Henkel, den noch wenige kennen, eine klare Linie finden. Auch programmatisch muss die Partei Wege finden, wie sie wieder stärker als Berliner Großstadtpartei wahrgenommen wird.

Die Grünen konnten zwar zulegen, blieben aber hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Was heißt das für die Partei?

Zunächst einmal heißt das, dass Künast auf Bundesebene bleibt. Man darf aber nicht vergessen, dass das Ergebnis zwar besser, aber nicht wesentlich besser ist als vor fünf Jahren. Abhängig von der Wahlbeteiligung muss man überhaupt erstmal sehen, ob mehr Menschen die Grünen gewählt haben. Der große Trend zu den Grünen geht aber anscheinend langsam zu Ende. Immerhin hatten sie in Berlin ein für sie günstiges Feld. Innerhalb der Grünen wird das sicherlich nicht als Wahlerfolg gesehen, auch wenn man es nach außen so darstellen wird. Jetzt kommt es in den Koalitionsverhandlungen darauf an, die grünen Themen durchzusetzen. Das hat bisher in manchen Ländern gut, in anderen schlechter geklappt. Außerdem sollten sie versuchen, auch Positionen der Piraten in die Gespräche einfließen lassen. Denn die jungen Wähler, die zu den Piraten gewandert sind, stehen den Grünen näher, als anderen Parteien. Die Grünen müssen versuchen, Piratenwähler zurückzugewinnen.

Hat Renate Künast mit diesem Ergebnis eine persönliche Schlappe erlitten?

Es ist sicher so, dass sie am Ende keinen Rückenwind erhalten hat. Sie hat mit ihrer Kandidatur nicht geschafft, was sie wollte, und zwar eine herausragende Position im Führungsquartett aus jeweils zwei Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Grünen zu erlangen. Mit diesem Ergebnis ist sie keine Gewinnerin, sondern hat eher die Position der anderen im Quartett gestärkt.

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25 Kommentare

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  • B
    BlueSparkle

    Nun kommt mal wieder ein bischen runter...

    Wenn Prof. Jun sagt, diese und jene Partei "müsse" dies und jenes tun, so ist das doch nur eine Antwort auf dien implizite Frage "Was muss diese und jene Partei tun, damit sie wieder der Gunst der Wähler sicherer ist"...und genau darauf antwortet Prof. Jun. Außertdem ist er sicher kein Politikwissenschaftler der "älteren Garde": Jun ist gerde einmal 48 Jahre alt und hat schon seit Jahren seinen Ruf zum Professor erhalten...Ferner wird es ja wohl erlaubt sein darauf hinzuweisen, dass die "Piraten" sich in Berlin in einem besondern Viertel bewegen, in dem sie aufgrund ihrer Verwurzelung mehr Zulauf bekommen. Das heißt nicht, dass Prof. Jun den Piraten den Erfolg generell absprechen will; es ging hier um die Erfolgschancen auf Bundesebene, da nützt es nichts, ein paar Landtage zu benennen. Also, geht mal nicht so hart ins Gericht Grüße, BlueSparkle.

  • GV
    Götz von Berlichingen

    "Falsch! Das einzige was die Parteien müssen, ist gute Politik für die Menschen anstatt für Grosskonzerne und Banken machen und gerade das können sie nicht. Doch die Menschen werden intelligenter, informieter und handeln nun langsam, dieser Piratenerfolg war nur der Anfang, die Zeit ist reif für mehr echte und Direktdemokratie!"

     

    Klingt schön, ist aber in der Realität nicht so einfach: "Was ist gute Politik für die Menschen"? Das dürfte je nach individueller Wahrnehmung sehr unterschiedlich sein.

     

    Und das Parteien "nur" Politik für die Grosskonzerne und Banken machen? Das ist doch ziemlich stark vereinfacht. Mit einem Wort: Populistisch.

     

    "die Zeit ist reif für mehr echte und Direktdemokratie!"

     

    Was meinst Du damit? Das Modell der direkten Demokratie funktioniert in Flächenstaaten nicht. Da gibt es doch den einen oder anderen Nachteil. Und damit meine ich nicht nur die schwierige Realisierung.

     

    Es hat seinen guten Grund, warum es Plebiszite auf Bundesebene mit einer Ausnahme nicht gibt. Wie problematisch Plebiszite sein können, konnte man unlängst in der schweiz bewundern. Stichwort: der Bau von Minaretten. Die Liste ließe sich fortsetzen.

     

    Direkte Demokratie verlangt von den Beteiligten, sich intensiv in eine Materie einzuarbeiten, damit man verantwortungsvoll entscheiden kann. Und eben nicht nur da ein Kreuz machen, wo man es dem "gesunden Volksempfinden" nach machen sollte.

  • P
    Philipp

    Wenn Jun sagt, diese Partei "muß" ... und jene "muß" ..., um Wähler zurückzugewinnen, so ist das doch schon ein ganz grundlegendes Problem seiner Denke. Denn in erster Linie sollten Parteien nämlich glaubwürdig sein und die Bedürfnisse des Bürgers wahrnehmen, vertreten und durchsetzen. Was jedoch der Fehler des etablierten gestrigen Systems ist, dass alle immer die Schuld beim Wähler suchen und dann formulieren, wir "müssen" besser unsere Botschaften (Manipulationen/ PR/ Marketing) kommunizieren etc..

     

    Falsch! Das einzige was die Parteien müssen, ist gute Politik für die Menschen anstatt für Grosskonzerne und Banken machen und gerade das können sie nicht. Doch die Menschen werden intelligenter, informieter und handeln nun langsam, dieser Piratenerfolg war nur der Anfang, die Zeit ist reif für mehr echte und Direktdemokratie!

  • A
    Akabei

    Von einem Politikwissenschaftler sollte man doch erwarten können, dass er schon davon gehört hat, dass die Piraten eine Woche vorher in Hannover und Braunschweig in den Stadtrat eingezogen sind. Das sind beides, ich denke ich kann das als Niedersachse beurteilen, sicher keine links-liberalen Städte (man siehe sich nur Braunschweigs OB Hoffmann an).

  • GV
    Götz von Berlichingen

    "Die sollen mal in den sauhaufen ortenlich führ wirbel sorgen, damit die alten grauen herren und damen von der spd, cdu, fdp, linken und grünen wieder auf wachen. es geht hier nicht um ihr eigenes interesse sonder um das interesse des volks."

     

    Ja, das hatten wir schon mal: es lebe das "gesunde Volksempfinden" .... manche lernen es eben nie. Für so etwas gibt es einen Namen: Populismus.

     

    Klingt alles schön einfach, aber die Realität ist doch komplizierter. Fangen wir mal mit einer ganz einfachen Frage an: Was ist das, das "Interesse des Volkes"? "Das Volk" gibt es gar nicht, vielmehr eine ganze Reihe von Schichten mit sehr unterschiedlichen Interessen.

     

    Ob der Erfolg der Piratenpartei anhalten wird? Bleibt abzuwarten. Auch die Grünen haben mal genau so angefangen. Die Piraten sind die Grünen des 21. Jahrhunderts. Damals war es die Umweltpolitk heute ist es die neue Mediengesellschaft. Je länger die Piraten als Partei existieren, desto mehr werden sie sich den bestehenden Strukturen anpassen.

  • U
    U-H-S

    Erstens erinnert mich dies doch sehr stark an die Berichterstattung über die Grünen bei deren ersten Landtagseinzug.

    Aber vielleicht erinnert der Schreiber dieses Kommentars sich nicht mehr daran.

     

    Außerdem - dieser Erfolg der Piratenpartei in Berlin kam ja nicht ohne Vorlaufzeit und Vorzeichen aus anderen Bundesländern, wo die Piraten inzwischen kommunal vielfach eingezogen sind - in Hessen und Niedersachsen z.B. - den Warnschuss von deren Erwähnung bei der Bundestagswahl 2009 nicht zu vergessen.

     

    Aber wenn man lange nicht hingeschaut hat, aufgrund welcher Gründe die Piraten permanent(!) für immer mehr Wähler attraktiv werden - dann gewöhnt es sich auch nicht leicht um - dies trifft leider grade auf viele "Parteienforscher" der v.a. älteren Garde zu...

     

    Man wird nun sehen, wie sich die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus schlagen - schlechter als z.B. die FDP können sie ja gar nicht Politik machen...

     

    Und auch andere Parteien haben die Piraten vor allen in Bürgerrechtsthemen, wo es auf Grundgesetztreue ankommt, stark gemacht, indem sie oft populistisch wider das Grundgesetz versucht haben, Gesetze zu (re-)etablieren.

     

    Und selbst jüngst der extreme Erfolg der Online-Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung hat bei diesen eher zu Kommentaren geführt, dass de facto Grundgesetztreue nur "ein falsch verstandenes Freiheitsverständnis" sei - sehr schade und erschreckend, wenn Politiker so zu unserer Verfassung stehen... etliche Medienberichterstatter leider auch....

  • R
    reni

    Hihi, die Bildzeitung hat auch einen Parteien"experten" zum Thema Piraten vorgeschoben und der kam zum gleichen Ergebnis. Wie sich die Mechanismen der Medien gleichen, wenn ihnen die politische Entwicklung nicht passt oder sie sie nicht verstehen. Vor 25 Jahren wär euch das nicht passiert.

  • R
    RedHead

    An Wowis Stelle würde ich rot-rot beibehalten und die Piraten mit ins Boot holen. rot-rot-orange wenn man so will. Ganz einfach, weil er dann abgesehen von wenigen kleinen Zugeständnissen an die Piraten einfach genau so weitermachen kann wie bisher. Die SPD hätte in einer solchen Konstellation eine besonders starke Position, da rot-schwarz und rot-grün immernoch im Raum steht. Die Piraten sagen von einigen Themen ja selbst, dass sie keine Ahnung haben, da wird es ein leichtes sein, ihren Einfluss gering zu halten. Bezüglich der Forderungen, die angeblich nicht finanzierbar sind (z.B. kostenloser Nahverkehr) kann die SPD den Piraten einfach sagen: rechnet das mal durch, macht einen konkreten Vorschlag- wir schauen uns das dann nochmal genauer an. Das wird einige Zeit dauern. Das ganze kann dann nochmal mit Juristen und Wirtschaftsprüfern ein paar Jahre verschleppt werden und dann ist die Legislatur auch schon wieder zu Ende. Den Piraten wird das dann Zustimmung kosten, weil einige Erwartungen zwangsweise enttäuscht werden.

    Die SPD wird allerdings ein großes Problem mit einer Live-Übertragung der Koalitionsverhandlung im Internet haben, daher bezweifle ich, dass es dazu kommt.

  • BP
    Bernhard Pangerl

    @Bettina Günter

    Nachdem der einstige Ausgangspunkt der GRÜNEN nur noch aus der Einpersonen-Partei Hans Christian Ströbele besteht, der Rest der Partei übt sich ja mittlerweile siegestrunken zwischen Opportunismus und Esoterik in Eloquenz, ist zu erwarten, dass die GRÜNEN als Nächste dem Schicksal der FDP ins Säulendiagramm „sonstige Parteien“ folgen werden; jener FDP, welche einst auch ihren namhaften Vertreter für Bürgerrechte, z. B. Hirsch und Baum, die A-Karte zeigte.

     

    Danke für den Link auf das Berliner Wahlprogramm. Warte nun auf das bayrische Wahlprogramm. Halte jede Wette, dass dieser Wissenschaftler sich irrt.

  • E
    Ermon

    Einen Vergleich (und eine perspektivische Hochrechnung) der "Piraten" gegenüber den Grünen halte ich für völlig lächerlich. Eher gibt's Anleihen an die damalige "Chance 2000" von Schlingensief, welcher es allerdings beeindruckender inszeniert hätte als diese Käptn Blaubären und Hein Blöds.

    Die Grünen entstammten einer recht schnell wachsenden, oft fundamantalistischen Massenbewegung aus Bürgerinitiativen und wahrhaft politischen Aktivisten der Ökologie- und Friedensbewegung. Dass sie heute bürgerlich und spießig eingenordet, nachgerade "egalisierter Durchschnitt" sind, tut dem kein Abbruch.

    Aber es stimmt, ein Gutes hatte diese Wahl neben dem Niederschlag der FDP allemal: eine höhere Beteiligung - von der profitieren wir (hoffentlich) alle.

  • GT
    Generv Ter

    ich könnte mir eher vorstellen, das es immer mehr solche Wähler wie mich gibt, die erst echt nachgedacht haben, ob sie noch mal zur Wahl gehen, und wenn dann was privilegieren??? Grüne sind passe´, schon genug Mist gebaut, Linke sind in B auch schon ausgezehrt, was nehmen wo man noch die Hoffnung hat auch was mitzubewirken. Und das sicher auch nächstes Mal auf Bundesebene. Da ist ja nicht wirklich alles so anders, der Schmu wird bloß in größerem Maßstab mit uns gemacht.

    Jetzt kommen halt die Piraten an die Reihe, etwas zu zeigen, was als Konsequenz aus den Versprechen resultiert. Oder eben das Schicksal nach der Aussage des Konservativen hier zu erleben.

  • K
    kakadu

    Das ist doch erst der Anfang einer neuen Partei, wie kann man da schon vom Ende reden. Sowieso sind solche Prophezeiungen nichts wert, siehe Finanzkrise. Keiner weiß, was in den nächsten Jahren noch passiert. Die Piraten sind auf jeden Fall eine alternative besonders für Grüne-Wähler, deren Partei nur noch eine gutbürgerliche Klientel vertritt. Zudem werden die Piraten bei Jüngeren in den nächsten Jahren punkten, da sie noch frisch und unverbraucht sind und es nur flache Hierarchien gibt.

  • BG
    Bettina Günter

    Erfolg die Ausnahme? – Wenn sich Herr Jun da mal nicht irrt…

    In Bayern z.B. wird in absehbarer Zeit gewählt. Wenn dort alle etablierten Parteien (einschließlich der Grünen) einen volkstümlichen Lederhosenwahlkampf abliefern, werden sich schon Wähler für die Piraten finden. Was den Wahlkampf der Berliner Piraten so wahrnehmbar machte - Fleshmop, Kiezspaziergängen und unheimlich starker Präsenz auf der Straße - das ist auch in Flächenstaaten möglich.

    Berlin zeigt außerdem, das sich die Anhängerschsft der Piraten nicht auf die gentrifizierten Innenstadtkiezen beschränkt, auch im bürgerlichen Steglitz-Zehlendorf wurden 6 % geholt.

     

    Aber vielleicht wählen nicht nur unzufriedenen Angehörigen der Facebook-Generation orange?

    Hoffentlich schaffen es die Piraten in Berlin, die Themen ihres Wahlprogramms in die Diskussion bringen, die über Internet und Transparenz hinausgehen: bedingungsloses Grundeinkommen, keine Ausrichtung von Wasserversorgung und ÖPNV an Profitinteressen etc. Damit könnte der wirtschaftliberalen und sachzwang-orientierten Ausrichtung der anderen Berliner Parteien endlich mal wieder was entgegengesetzt werden.

     

    Ein Blick ins Wahlprogramm lohnt sich übrigens:

    http://berlin.piratenpartei.de/category/wahlprogramm2011/index.html

  • B
    BatmanSucks

    Die TAZ titelt da was, was Uwe Jun so gar nicht sagt. Klar, dass das Berliner Ergebnis überdimensional stark ist und auch auf lange Sicht bleiben dürfte verglichen mit anderen Bundesländern. Das liegt einfach am IT-Skill-Vorsprung der Hauptstädter und der soziologischen Zusammensetzung der Bevölkerung.

     

    Wie in den 80ern den Grünren ist es den Piraten gelungen, ein von den etablierten Parteien völlig vernachlässigtes und praktisch kompetenzlos besetztes Politikfeld zu erschließen, das aber ohne jeden Zweifel an Bedeutung zunehmen wird. Bis die Etablierten - in der Mehrheit auch heute noch Internet-Ausdrucker und Web-Analphabeten - den Knowhow-Vorsprung ausgebaut haben werden, wird es noch ein paar Jahre dauern.

     

    Zeit genug für die Freibeuter, sich hier politisch zu etablieren. Und jeder Übergriff auf bürgerliche Freiheitsrechte und jeder Schritt in Richtung Überwachungsstaat unter beständigem Gewedel mit dem Terrorismus-Popanz wird ihnen Wähler aus allen Lagern zutreiben.

  • B
    beobachter

    Klingt wie das Pfeifen im Walde eines Politikwissenschaftlers, der dem herkömmlichen Politikbetrieb nahesteht (an dem er im Gegensatz etwa zu Parteienkritiker von Arnim scheinbar wenig auszusetzen hat), und wohl auch den Grünen nahesteht. Aber auch als damals die Grünen neu entstanden waren, glaubte die SPD ja noch Jahrzehnte lang daran, die "verlorenen Schäfchen" heimholen zu können. Jetzt wollte Künast sie "resozialisieren". Da standen die Wähler aber nicht so drauf.

     

    Die Grünen wollten doch seriös, realpolitisch, pragmatisch und Neue Bürgerlichkeit werden. Das gibts aber leider nicht zum Nulltarif. In Berlin sahen sie ganz schön alt aus, und nun wird ihnen die Opposition von links Beine machen, während sie Wowis Kröten mampfen. Als Hamburger freut mich das. Nie werde ich vergessen, wie wendehälsig-verlogen sie hier nach der Wahl plötzlich mit der CDU schmusten, aber vor der Wahl noch so: "undenkbar!". Fool me once, shame on you, fool me twice...

  • F
    freischwimmer

    Wichtig ist doch, dass Künast und Wolf als Anführer der Spießerparteien über die Planke gehen (und politisch Haifischfutter werden).

  • S
    SwENSkE

    Den gleichen Unsinn, den Jun hier über die Zukunft der Piraten absondert, habe ich in den 80ern schon mal über die Grünen gehört.

     

    Vorhersagen über die fernere Zukunft zu treffen (mehr als 6 Monate - 1 Jahr) ist reine Kaffeesatzleserei. Derselbe Unsinn wie Aussagen über die demoskopische Entwicklung.

  • M
    meykosoft

    "Erfolg der Piraten bleibt Ausnahme" Kernige überschrift.

    Wenn sich der Politikwissenschaftler Uwe Jun da man nicht vertut. Aber man kanns ja mal so sagen. Man sagt ja eigentlich nichts. Man spricht den Piraten ja keine weiteren Erfolge ab. Nur ein soo grooßer Erfolg bleibt eine Ausnahme. 7% zum Beispiel wären kein soo großer Erfolg.Da hätte er dann auch sofort wieder recht, mit seiner Einschätzung.;-)

     

    In meinem kleinen Städtchen, mit etwas über 150000 Einwohnern, waren die Piraten in einigen Wahlbezirken schon vor Jahren bei 4,7%. Und ich vermute es werden zukünftig eher mehr.

  • H
    hens

    salü Berliner,

     

    ich selbst bin kein berliner, aber die 9% der piraten waren echt geil anzusehen.

    Das ist halt eine klare antwort auf die jetztige unfähige regierenden partein in Berlin und deutschland.

    mir ist auch klar das die piraten ein paar punkte haben die wahrscheinlich nicht durch zusetzten sind, aber es ist ja auch noch ne jungen patei die eine chance verdient. Die sollen mal in den sauhaufen ortenlich führ wirbel sorgen, damit die alten grauen herren und damen von der spd, cdu, fdp, linken und grünen wieder auf wachen. es geht hier nicht um ihr eigenes interesse sonder um das interesse des volks.

    ich persönlich wünsche den piraten viel erfolg und wenn ich sehe das sie was bewegen können und sei es noch so klein, werd ich sie auch bei der nächsten wahl wählen.

  • R
    reblek

    "Die Piraten stellen teilweise sehr hohe Forderungen, etwa den öffentlichen Nahverkehr kostenlos zu machen. Jetzt müssen sie sich an der Realität messen lassen. ... Die Berliner Linken ... galten als der realpragmatische Verband..." - "Realität", darf ich lachen? Wer etwas ändern will, orientiert sich nicht an der "Realität", die für nicht gut gehalten wird, sondern versucht, andere Vorstellungen real werden zu lassen. Und die "Realpragmatiker" sind bei den "Linken" und den sogenannten Grünen die, die sich mit der "Realität" abgefunden, sich darin eingerichtet habe. Was soll daran attraktiv sein?

  • AN
    Aus nahme

    Man kann auch Fakten schaffen und dem Volk Verbesserung verschaffen, ohne gewählt zu sein. Das erkennen Grüne und Linke halt nicht und wollen nur Pöstchen und Mandate statt beispielsweise mal Harzern zu helfen, von der GEZ loszukommen oder die wahren Einnahmen aller Studiengänge zu sammeln.

    Wenn die Piraten keine Schill-2-Partei sind, würden sie das auch erkennen und Verbesserung organisieren statt herumzujammern.

    Die Freien Wähler sind woanders (siehe Rügen-Nachwahl-Artikel von heute) stark und die Alternative die von den Piraten beknabbert werden könnte wenn sie es schafft, das Jungwähler auch wählen gehen.

    Um gewählt zu werden reicht heute, eine Alternative zum Pöstchen-Establishment zu sein. Die Frage ist eher, ob die Piraten sich von Pöstchen kaufen und von Macht blenden lassen oder wirklich demokratisch sind und wirken.

     

    Um App-basierte Mitnahmesysteme zu etablieren oder appbasiert eine 4er-Karte an der Haltestelle zu kaufen, braucht es keine 100 Mandate sondern nur demokratische Ehrbarkeit.

  • PM
    Peter Meisel

    Wunderbar: Das "Wählen" verändert sich! Warum sollten wir nicht einmal etwas von Nord-Afrika lernen? Demokratie hat eben mit Volk und Kommunikation zu tun. Die Zeit der Wahlplakate der Personen mit + ohne leere Versprechungen ist vorbei: Alle 4 Jahre die Stimme abgeben und der Souverän ist sie los? Die Minister (Diener) machen dann (repräsentativ) was sie wollen? NEIN Danke! Der Souverän bleibt online am Ball. Die neue Demokratie 21 aus Stuttgart lässt grüssen.

  • IN
    Ihr NameTh ,´Koch

    Die Lektüre dieses Interviews ist Lebenszeitverschwendung: 50 % Banalitäten und 50 % Wunschdenken sind kein Statement eines Wissenschaftlers.

  • M
    Monnemer

    Ich kann mich gut noch an Aussagen von Parteienforschern in den letzten 2 Jahren erinnern. Da wurde prophezeit, das es Jahre dauern wird bis die Piraten in die Parlamente einziehen. Vielleicht sollte man mal in Zukunft die Kristallkugel befragen ;).

  • ME
    Moritz | ein Schuh für Schäuble

    Der Politikwissenschaftler Uwe Jun beschäftigt sich im Interview unter anderem mit dem Erfolg der Berliner Piraten auf Landesebene. Als Parteienforscher kann er das aber in meinen Augen nicht abschließend beurteilen. Denn die Piraten sind keine reine Partei, sondern eine Bewegung, deren Antrieb nicht in der Machtbesessenheit durch Parlamentarismus begründet ist. Zumindest beobachte ich bisher keine derartigen Bestrebungen.

     

    Die Piraten entstanden in einer Welt, in der alte Strukturen ihre Macht durch Überwachung. getarnt als Sicherheit für demokratische Grundwerte, erhalten möchten. Dieses Demokratieverständnis entspricht jedoch meist nicht einem solchen, wie es vielleicht die Piratenpartei hat. Sie wollen als Gegenlösung Transparenz auf allen Bereichen. In meinen Augen der richtige Ansatzpunkt.

     

    Auch in Zukunft werden Polizist_innen auf staatlichen Befehl wirtschaftliche Interessen durch prügeln. Dies geschieht nicht nur gegen linksliberale oder libertäre Kräfte, sondern eben auch gegen das Bürgertum, dass sich nicht länger verwerten und durch die Politik und viele Medien verarschen lassen möchte, wie es zum Beispiel in Stuttgart der Fall war und ist. Und das heißt auch gegen Grüne anzutreten, die nicht mehr grün, sondern wirtschaftsgrün sind. Im Mittelpunkt darf nie die Wirtschaft oder noch schlimmer die Freiheit der Wirtschaft stehen, sondern der Mensch und noch wichtiger die Freiheit des Menschen stehen.

     

    Und genau aus diesem Grund werden die Piraten langsam – aber sicher – mehr Parlamente entern. Auch schon aus dem Grund, dass sie jetzt nicht mehr Unterstützungsunterschriften sammeln müssen, um an Wahlen teilnehmen zu können, sondern sich in Zukunft auf ihr bereits jetzt vielfältiges Programm konzentrieren können- unter Beteiligung aller, die sich beteiligen möchten. Die Berlinwahl wird einigen Hoffnung geben, mehr Pirat_innen werden die Partei gestalten und für eine bessere Gesellschaft kämpfen.

     

    Quelle: http://www.ein-schuh-fuer-schaeuble.de/?p=2287