Interview: Hans-Ulrich Rösner: Lärm-Smog unter Wasser
■ Der WWF-Projektleiter Wattenmeer über Seehunde, Schweinswale und Schnellfähren
taz: Herr Rösner, was halten Sie von einem Schnellkatamaran nach Sylt?
Hans-Ulrich Rösner: Der WWF lehnt das ab. Wir betrachten den küstennahen Einsatz dieser turboschnellen Boote mit großer Sorge. Da herrschen rein wirtschaftliche Erwägungen; Umweltaspekte interessieren bestenfalls am Rande.
Befürchten Sie negative Folgen für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer?
Es könnte zu Kollisionen mit Meeressäugern kommen, vor allem mit Schweinswalen. Vor Sylt und Amrum ist die Kinderstube dieser bedrohten Kleinwale. So ein Hochgeschwindigkeits-boot könnte eine erhebliche Gefährdung für sie darstellen.
Auch für Seehunde und Kegelrobben?
Ja, natürlich. Aber es ist nicht nur die enorme Geschwindigkeit. Wir haben bei der bislang einzigen Schnellfähre im Nationalpark, dem „Adler Express“ zwischen Nordstrand, Hooge und Sylt, einen massiven Wellenschlag beobachtet. Da brechen weit hinter der Fähre erhebliche Wogen auf die Prielränder. Das vertreibt viele Eider-enten und andere Seevögel.
Solche Jet-Boote sind alles andere als leise. Als Ursache der Pottwal-Strandungen vor Eiderstedt im Winter gelten Störungen des Ortungssystems der Wale durch Unterwasser-Krach.
Der Lärm-Smog im Meer wird immer unkalkulierbarer. Leider wissen wir noch zu wenig darüber, weil es zuwenige Untersuchungen gibt. Aber es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß der Lärm von Schiffen und Bohrinseln vor allem die Meeressäuger stark beeinträchtigt.
Welche Möglichkeiten bietet das Nationalpark-Gesetz, Schädigungen zu verhindern?
Kaum eine, da der Bundesverkehrsminister zuständig ist. Wer sich an dessen Befahrensregelung hält, also an die Route und die Höchstgeschwindigkeit von 16 Knoten, der darf da fahren. Der größte Teil der Strecke dürfte ohnehin außerhalb des Nationalparks liegen.
Da werden wir darauf dringen, daß zumindest der Knobsand vor Amrum weiträumig umfahren wird. Dort ist die einzige Kolonie von Kegelrobben in Deutschland. Und die stehen ebenfalls auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten. Da darf es keine weiteren Gefährdungen geben. Interview: smv
Siehe auch Bericht Seite 18
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