piwik no script img

Interview: Dorothee Stapelfeldt„Genug gedauert“

■ Die Bürgerschaftspräsidentin über die Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen

taz: Sie hatten mehrfach bei Hamburger Firmen um deren Beitritt zur Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ geworben. Sollte der Bundestag in der kommenden Woche Rechtssicherheit feststellen, kann mit der Auszahlung der Entschädigung für NS-ZwangsarbeiterInnen begonnen werden. Sind Sie jetzt insgesamt zufrieden mit dem Hamburger Engagement?

Dorothee Stapelfeldt: Ich finde sehr positiv, was in Hamburg geschehen ist. Es sind bis jetzt 408 Hamburger Unternehmen der Stiftungsinitiative beigetreten. Auch wenn das Ganze länger gedauert hat, als ich es mir vorgestellt hätte.

Es gab für die Stiftung immer neue Gründe, die Auszahlung zu verzögern.

Jetzt muss auch dem Letzten klar sein, dass der Bundestag unverzüglich die Rechtssicherheit feststellen muss. Dann kann ebenso unverzüglich ausgezahlt werden. Die Stiftung hat zusammen mit ihren Partnerorganisationen in den Ländern, in denen NS-Zwangasarbeiter leben, alle Vorbereitungen getroffen. Es ist Zeit genug ins Land gegangen.

Sie haben erst vor wenigen Tagen mit der Hamburger Handelskammer über die Verzögerungen gesprochen. Hatte auch die hiesige Wirtschaft an der Rechtssicherheit gezweifelt?

Die Handelskammer war noch in der Prüfung.

Kann man den betroffenen ZwangsarbeiterInnen für die ständigen Verzögerungen Verständnis abverlangen?

Nein, das kann man wirklich nicht. Dass es überhaupt zu einer Initiative für Entschädigungszahlungen gekommen ist, hat schon lange genug gedauert. Für Jahrzehnte andauernde Nichttätigkeit kann man kein Verständnis erwarten. Aber ich glaube, das tut auch keiner.

Der Vorsitzende des Zentralrates der Juden Paul Spiegel sagte gestern, er glaubt erst an die Entschädigung, wenn wirklich die ersten Gelder geflossen sind. Geht Ihnen das genauso?

Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Bundestag die Feststellung über die Rechtssicherheit getroffen hat. Aber auch erst dann glaube ich wirklich an den Erfolg. Die Erwartung war allerdings schon letzten Sommer sehr hoch, dass man zügig nach der Verabschiedung des Gesetzes über die Stiftung zu Entschädigungzahlungen kommen würde. Also ist etwas Reserviertheit schon angebracht.

Interview: Elke Spanner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen