Interview Datenschutz: "Die Ärzte fürchten Transparenz"

Die Sorge um den Datenschutz ist vorgeschoben, sagt SPD-Experte Karl Lauterbach.

SPD_Gesundheitsexperte Karl Lauterbach Bild: dpa

taz: Herr Lauterbach, hegen Sie Sympathien für das neue Bündnis gegen die elektronische Gesundheitskarte?

Karl Lauterbach: Nein, auf gar keinen Fall. Da haben sich Ärztegruppen, die Transparenz im Gesundheitswesen verhindern und ihr Einkommen sichern wollen, geschickt mit idealistischen Datenschützern verbündet.

Die Ärzte argumentieren, dass mit der Einführung der Karte die Sicherheit der Patientendaten in Gefahr sei.

Das ist nicht glaubwürdig. Konkrete Probleme oder Verbesserungswünsche beim Datenschutz werden doch gar nicht genannt. Richtig ist: Die Karte bietet in Prinzip ein Mehr an Datenschutz. Heute ist es oft so, dass Ärzte ohne Rücksprache mit dem Patienten dessen Daten bei einem anderen Arzt anfordern und diese werden dann per Fax oder Bote übermittelt - ohne irgendeinen Datenschutz. In vielen Kliniken können sich die Mitarbeiter über Patienten informieren, mit deren Behandlung sie nichts zu tun haben. Das aber haben die Ärztegruppen, die jetzt protestieren, nie problematisiert.

Was treibt die Ärzte dann?

Die Ärzte müssen, genau wie die Krankenkassen, in die Karte investieren, und das wollen sie nicht. Schließlich haben sie keinen finanziellen Vorteil durch die Karte - und sie macht auch noch ihre Arbeit transparenter.

Inwiefern?

Langfristig würde die Karte helfen, Doppeluntersuchungen aufzudecken. Es gibt eine kleine Patientengruppe, bei der immer wieder die gleichen Untersuchungen gemacht werden, auch wenn sie nichts bringen. Manchmal weiß der eine Arzt vom anderen nichts, manchmal ist es auch so, dass ein Arzt die Untersuchung mehrfach macht - auch, weil es sich für ihn rechnet.

Wie wird das bekannt? Dritte haben keinen Zugriff auf die Daten.

Doch, in anonymisierter Form. Wir erfahren also nichts über den einzelnen Arzt oder den einzelnen Patienten, aber die Arbeit der Ärzte insgesamt würde überschaubarer - und damit auch angreifbarer. Wir bekämen zum Beispiel Daten über die Anzahl der Doppeluntersuchungen oder auch darüber, wie häufig Arzneimittel verschrieben werden, die sich gar nicht vertragen.

Kritiker sagen, auch das Gesundheitsministerium spiele nicht mit offenen Karten. Was muss sich dort ändern?

Alle Beteiligten sollten das Verfahren transparenter machen. Wenn die Leute mehr über die Karten wüssten, würde das viele Ängste beseitigen.

INTERVIEW: SABINE AM ORDE

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