Intervention Libyen: Angebote für Gaddafi

Die Außenminister von 40 Staaten beraten über die Lage in Libyen. Der Vormarsch der libyschen Rebellen ist unterdesen trotz militärischer Hilfe aus der Luft ins Stocken geraten.

Sie wollen den Libyen-Einsatz so schnell wie möglich hinter sich bringen: US-Außenministerin Hillary Clinton und der britische Premier David Cameron. Bild: reuters

WASHINGTON/LONDON/TRIPOLIS dpa/afp/dpapd | Zu einer Konferenz über die Zukunft Libyens haben sich am Dienstag Außenminister und weitere Politiker aus rund 40 Staaten in London versammelt. Nach Angaben des italienischen Außenministers Franco Frattini wollten mehrere Staaten einen gemeinsamen Plan zur raschen Beendigung des Konflikts vorlegen. Darin enthalten seien Vorschläge für eine Waffenruhe, der Gang ins Exil von Machthaber Muammar al Gaddafi und ein Rahmen für Gespräche über die Zukunft des Landes zwischen Stammesführern und Oppositionspolitikern.

Nach Angaben eines US-Diplomaten wurde von der Konferenz unter anderem die Bildung einer Kontaktgruppe erwartet, die bei der Umsetzung der UN-Sanktionen und anderen politischen Ansätzen die Führung übernehmen soll. Großbritannien und die USA signalisierten vor Beginn der Gespräche die Bereitschaft, einen Plan zu akzeptieren, wonach Gaddafi Libyen rasch verlassen und dafür einem Kriegsverbrechertribunal entgehen könnte. Frattini sagte am Montag, einige afrikanische Staaten könnten den Machthaber aufnehmen. "Ich hoffe, dass die Afrikanische Union einen machbaren Vorschlag bringt", sagte Frattini.

Erwartet wurden neben anderen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Außenministerin Hillary Clinton, Bundesaußenminister Guido Westerwelle, NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Jean Ping, sowie Vertreter aus Katar, Marokko, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien und dem Irak.

Der Gastgeber, der britische Außenminister William Hague, sagte, es liege an Gaddafi und am libyschen Volk, über das Schicksal des Machthabers zu entscheiden. "Darüber haben wir nicht unbedingt die Kontrolle", sagte Hague dem Sender BBC.

Merkel berät mit Obama, Sarkozy und Cameron

Hague und Clinton trafen unterdessen mit dem Gesandten der libyschen Opposition Mahmud Dschibril zusammen. Dieser hielt sich in London auf, wollte aber an der Konferenz nicht teilnehmen. Besprochen worden sei die aktuelle politische und humanitäre Lage in Libyen, sagte Hague. Die Beteiligten seien sich einig darin, dass der Schutz von Zivilpersonen absoluten Vorrang habe.

Vor Beginn der Konferenz forderten Großbritannien und Frankreich die Anhänger des libyschen Machthabers am Montag auf, sich von Gaddafi loszusagen. "Wir rufen seine Gefolgsleute auf, ihn zu verlassen, bevor es zu spät ist", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Premierminister David Cameron und Staatspräsident Nicolas Sarkozy.

Die Regierungschefs forderten Gaddafi erneut zum Rücktritt auf und erklärten, der oppositionelle Nationalrat solle gemeinsam mit weiteren Vertretern der Zivilgesellschaft einen Übergangsprozess zur Demokratie anstoßen. "Wir ermutigen sie, einen nationalen Dialog zu beginnen, der zu einem Prozess des Übergangs, Verfassungsreformen sowie freien und fairen Wahlen führt", hieß es in der Erklärung weiter.

In einer Videokonferenz berieten sich Cameron und Sarkozy am Vorabend der Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama. Auch Möglichkeiten, neu entstehende demokratische Kräfte in Libyen politisch zu unterstützen, seien diskutiert worden, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

US-Präsident Obama hatte zuvor in einer Rede den Einsatz in Libyen verteidigt.

Der stellvertretende libysche Außenminister Chaled Kaim erklärte bei einer Pressekonferenz in Tripolis, ausländische Politiker hätten kein Recht, dem Land ein neues politisches System aufzuerlegen. Libyen sei ein unabhängiges, souveränes Land, sagte Kaim. Er rief die Teilnehmer der Londoner Konferenz auf, sich auf ein Friedensabkommen für Libyen zu einigen.

Nato übernimmt das Kommando am Donnerstag

Die Nato übernimmt das Kommando über den gesamten Libyen-Einsatz am Donnerstagmorgen. Das sagte ein Nato-Diplomat am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Demnach sollte das Militärbündnis das Kommando über die gesamten internationalen Operationen in Libyen inklusive der Luftangriffe zum Schutz von Zivilisten ursprünglich bereits am Mittwoch übernehmen.

Um einen sauberen Ablauf zu gewährleisten, sei die Übergabe des gesamten Kommandos vom US-Militär jedoch um 24 Stunden verschoben worden. Die Nato befehligt bereits eine Seeblockade gegen Libyen sowie die Durchsetzung einer Flugverbotszone.

Panzer in allen Teilen Sirtes stationiert

Der Vormarsch der libyschen Rebellen ist trotz militärischer Hilfe aus der Luft ins Stocken geraten. Nach Einnahme aller strategisch wichtigen Öl-Häfen im Osten stießen die Aufständischen am Montag vor der Stadt Sirte auf Widerstand der Regierungstruppen. Sirte ist die Heimatstadt von Gaddafi und liegt auf halbem Weg zwischen der Rebellenhochburg Bengasi und der Hauptstadt Tripolis.

Ohne Luftangriffe der internationalen Allianz dürfte die Stadt nur schwer zu erobern sein. Das Gaddafi-Regime verstärkt nach Angaben des US-Militärs seine Stellungen in Sirte, der Heimatstadt des libyschen Machthabers - offensichtlich, um sich gegen einen möglichen Rebellen-Angriff zu wappnen. Es würden Kontrollpunkte errichtet und Panzer in allen Teilen der Stadt stationiert, schilderte US-Vizeadmiral William Gortney vom Pentagon am Montag.

Ähnliche Maßnahmen seien auch in anderen Gebieten ergriffen worden, und es gebe weiter schwere Kämpfe in der Schlüsselstadt Misurata. "Wir glauben, dass sich das Regime in Sirte eingraben will", sagte der Amerikaner. Gortney äußerte sich zugleich vorsichtig über die von den Rebellen erzielten Fortschritte und Fähigkeiten im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen. "Ganz klar ist die Opposition nicht gut organisiert, sie ist keine sehr robuste Organisation", so der Vizeadmiral. "Das ist offensichtlich. Auf dieser Basis steht jeder Gewinn auf schwachen Füßen."

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