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Internetzensur in der TürkeiGar nicht so unfrei

Die türkische Regierung blockt das Webportal des Journalisten Can Dündar. Doch viele in der Türkei juckt das nicht besonders.

Der türkische Journalist Can Dündar bei der Vorstellung des Online-Mediums „Özgürüz“ am 23. Januar in Berlin Foto: dpa

Die erste Meldung zur Blockade der Nachrichten-Webseite #Özgürüz kam am Donnerstagabend über Twitter: „Die Homepage wurde 12 Stunden vor dem morgigen Start in der Türkei gesperrt. Das beeindruckt uns wenig! Morgen geht's los!“. Das türkisch-deutsche Portal unter dem Dach des gemeinnützigen Recherchezentrums „Correctiv“ steht unter der Leitung des in der Türkei mit Haftstrafen belegten Journalisten Can Dündar.

Auf der Webseite findet sich neben Artikeln von Chefredakteur Dündar und weiteren Gastautoren nun auch der Screenshot einer Webseite, mit dem die türkische Telekommunikationsbehörde die Seite in der Türkei blockiert.

„Nach einer technischen und juristischen Überprüfung“ sei die Seite gesperrt, vermeldet dort die Behörde. Die Redaktion kommentiert die Schließung mit dem Satz: „Somit ist nach einem noch nicht gedruckten Buch nun auch eine Webseite vor der Onlineschaltung gesperrt.“ Türkischsprachige Leser*innen wissen auch ohne Titelnennung, welches Werk hier gemeint ist: „Die Armee des Imam“ sollte ein Buch über das Netzwerk des nun in der Türkei zum Terroristen erklärten muslimischen Predigers Fethullah Gülen werden. Der Verfasser, Ahmet Şık, wurde 2011 allein aufgrund des unveröffentlichten Manuskripts verhaftet.

Seit dem 30. Dezember ist er erneut in Haft, nun mit dem seltsamen Vorwurf, die PKK und die Terrororganisation FETÖ, also Gülen und sein Netzwerk, unterstützt zu haben. Die findigen türkischen Blogger*innen fanden jedoch damals eine schnelle Methode, das Manuskript trotzdem zu veröffentlichen. Sie stellten es kurzerhand zum Download ins Internet und erreichten so Tausende.

Auf der Facebook-Seite von „Özgürüz“ diskutieren bereits Leser*innen aus der Türkei, wie die Blockade zu umgehen sei: „Hola programini yükle, almanyadan giriş yap sayfaya“ schreibt der Nutzer As Se, also „Lad Dir das Programm Hola runter und gehe von Deutschland aus auf die Seite.“ Der Nutzer T.S. schreibt: „Nutzt VPN!“

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Dass sie sich so gut auskennen, ist kein Zufall. Nach Angaben des Freedom of the Internet Report 2016 wurden in der Türkei 2016 mehr als 100.000 Webseiten geblockt. Kritische Webseiten können türkische Nutzer*innen aber über ein Virtual Private Network (VPN) erreichen, indem sie sich virtuell über ein anderes Land in das Internet ihres eigenen Landes begeben. Laut Global Web Index gehört die Türkei zu den Ländern mit dem höchsten Anteil an VPN-Nutzer*innen.

Internetsperrungen und ihre Umgehungen entwickeln sich mittlerweile zu einem Wettstreit zwischen Hase und Igel: Hier die türkische Telekommunikationsbehörde, dort die Internetnutzer*innen. Seiten wie Turkey blocks informieren in Echtzeit über Sperrungen. Und die Türk*innen verbreiten per Mundpropaganda, welcher VPN-Zugang gerade nicht gesperrt ist. Unfrei? Nicht wirklich.

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3 Kommentare

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  • Eine melden, dass selbst VPN mitlerweile nicht bis gany schlecht funktioniert.

     

    Klar, Gezi hat gezeigt wie viel ein Leben wert ist. Im Prinzip musst du damit rechnen zu sterben oder schwer verletzt zu werden, wenn du an einer Demo teilnimmst.

    Wer geht denn unter solchen Umständen einfach auf eine Demo?

  • Genau da liegt auch z.T das Problem in der Türkei:

    Man geht um ein Problem herum, statt sich dagegen zu wehren.

    • @benokay:

      Bürgerkrieg lässt sich von außen immer leicht empfehlen. Man selber muss ja die Konsequenzen nicht ertragen.