Internetapotheken unter Druck: Attacke gegen Pillen-Versandhandel
Einige Bundesländer wollen den Handel mit rezeptpflichtigen Medikamenten per Internetapotheke verbieten. Die Ersatzkassenverbände protestieren.
KASSELtaz Rezeptpflichtige Medikamente sollen in Deutschland nicht mehr über Internetapotheken gekauft werden dürfen. Das wollen mehrere Länder mit einer Gesetzesinitiative erreichen, über die am Freitag im Bundesrat abgestimmt wird. Hat das Vorhaben Erfolg, geht chronisch kranken Menschen eine Möglichkeit verloren, preiswerter an ihre Medikamente zu kommen.
Die Apothekerkammern stützen den Antrag. Versandhandel mit Arzneimitteln ist in Deutschland seit der Gesundheitsreform 2004 erlaubt. Der Vorstoß, ihn nun wieder einzuschränken, kommt aus Bayern und Sachsen. Im Gesetzesantrag argumentieren sie vor allem mit der Sicherheit von Patienten, die nicht klar zwischen legalen und illegalen Angeboten unterscheiden könnten. Deshalb sei in Deutschland die Gefahr von Arzneimittelfälschungen gestiegen.
Ein Dorn im Auge ist den Ländern auch das Recht ausländischer Internetapotheken, Bestell- und Abholstellen in Deutschland einzurichten. Die Drogeriemarktkette dm etwa hat solche Dienste für eine niederländische Apotheke übernommen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied im März, die Kooperation sei rechtens (BVerwG 3 C 27/07). Im Antrag aus Bayern und Sachsen heißt es dazu, Medikamentenabgabe sei nun auch in Videotheken möglich - mit schwer absehbaren Folgen.
Das Beispiel Videotheken hatten auch Apothekerkammern gegen die Abholstellen angeführt. Wie Bayern und Sachsen fordert jetzt die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Magdalene Linz, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten zu verbieten. "Erst durch das generelle Verbot würde Verbrauchern klar, dass jeder Bezug außerhalb einer deutschen Apotheke ein hohes Risiko birgt."
Die Ersatzkassenverbände hingegen protestieren. Gerade für Patienten, die regelmäßig Medikamente einnehmen müssten oder nicht mobil sind, sei der Versandhandel eine hilfreiche Alternative. Die Kassen lieferten genug Informationen, um die Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten. Auch Stefan Etgeton von der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert die Verbotsidee: "Bei ausländischen Versandapotheken gibt es Rabattmöglichkeiten, mit denen zum Beispiel chronisch Kranke ihre Medikamente zuzahlungsfrei bekommen können", sagt er. Deutsche Apotheken müssten andere Regeln befolgen, das sei richtig. "Für die betroffenen Patienten sind die Rabatte aber ein konkreter Vorteil."
Das Argument, das geforderte Verbot diene der Fälschungssicherheit, nennt Etgeton "absurd". Es werde Stimmung gemacht: "Registrierte Apotheken werden mit illegalen Anbietern in einen Topf geworfen." Einige Bundesländer haben bereits erklärt, den Antrag auf ein Verbot abzulehnen. KATJA SCHMIDT
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!