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Internationales StrafgerichtFreies Geleit für Netanjahu?

Der kommende Kanzler Friedrich Merz will internationales Recht umgehen bei einem Besuch des israelischen Präsidenten in Deutschland.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei seinem Besuch des Mahnmals Gleis 17 am Bahnhof Grunewald in Berlin Foto: Filip Singer/epa

Freiburg taz | Wahlgewinner Friedrich Merz (CDU) hat angekündigt, er werde Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nach Deutschland einladen – und dafür sorgen, dass dieser dabei nicht verhaftet wird. Rechtlich ist diese Ankündigung irrelevant, denn Merz hat noch kein Staatsamt inne, formal ist er noch Kanzlerkandidat.

Politisch hat Merz’ Aussage aber Sprengkraft und dürfte die Koalitionsverhandlungen belasten. Denn der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat im November Haftbefehl gegen Netanjahu und Israels Ex-Verteidigungsminister Yoav Galant erlassen. Es bestehe der Verdacht, dass die beiden für Kriegsverbrechen und für Verbrechen gegen die Menschlichkeit beim Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen verantwortlich sind. Unter anderem wird ihnen das Aushungern der Zivilbevölkerung vorgeworfen.

Der Haftbefehl ist für alle 124 Vertragsstaaten des IStGH verbindlich, also auch für Deutschland. Zwar ist Israel kein Vertragsstaat. Der IstGH ist aber zuständig, weil Palästina das Römische Statut des Gerichtshofs ratifiziert hat und die mutmaßlichen Taten auf palästinensischem Boden verübt wurden.

Generalbundesanwalt ist eigentlich verantwortlich

Netanjahu hatte Merz nach seinem Wahlsieg angerufen. Dabei habe Merz ihn eingeladen, verkündete zunächst Netanjahus Büro. Merz bestätigte das am Montag. Er habe Netanjahu in dem Telefonat zugesagt, dass er für den Fall eines Besuchs „Mittel und Wege“ finden werde, „dass er Deutschland besuchen und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist“.

In Deutschland ist Generalbundesanwalt Jens Rommel für die Strafverfolgung von Völkerstraftaten verantwortlich. Er müsste auch darüber entscheiden, ob im Falle einer Einreise Netanjahus der Haftbefehl gegen ihn vollstreckt wird. Dabei könnte ihm der Justizminister – derzeit Volker Wissing (Ex-FDP) – Weisungen geben. In einer künftigen schwarz-roten Koalition würde vermutlich die SPD das Amt der Jus­tiz­mi­nis­te­r:in beanspruchen.Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid deutete an, dass die SPD das Merz-Manöver nicht mitträgt. „Die Unabhängigkeit des IStGH ist von zentraler Bedeutung, und wir respektieren seine Verfahrensabläufe sowie die Entscheidungen seiner Organe. Dies gilt ausnahmslos“, sagte Schmid.

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6 Kommentare

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  • Danke …anschließe mich & den Floristen im around

    unterm——BRD - Erfahrungen - Haftbefehle —-



    Ausriß “…Wie lange dauerte die Zusammenarbeit zwischen dem BND und Barbie? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Klaus Barbie seit 1960 häufig zum Teil auch für Wochen in der Bundesrepublik gewesen ist, so u. a. 1964 in Westberlin, im April 1971 in Hamburg, Anfang 1978 und zuletzt im November 1981?



    Trifft es zu, daß bundesdeutsche Behörden von solchen Aufenthalten Barbies in der Bundesrepublik Kenntnis hatten?



    Welches waren die Gründe nach Auffassung der Bundesregierung dafür, daß trotz Haftbefehl und Ermittlungsverfahrens Klaus Barbie unbehelligt in der Bundesrepublik reisen konnte?“



    taz.de/D-O-K-U-M-E...ht-haben/!1863798/

    kurz - Fragen - die nur einer hören will!



    Der stören will:



    D.h. - Kanzlerkandidat Friedrich Merz - ersichtlich auf dem Weg zur ungebremsten losgerissenen Kanone! Wollnich

    Na Mahlzeit

  • Ein bizarrer und gleichzeitig gefährlicher Vorstoß von Merz, der die Legitimation des internationalen Gerichtshof untergräbt und beschädigt. Was denkt sich Merz dabei ? Übersieht er die Konsequenzen seines Handeln nicht ? Fast hat man das Gefühl, dass er sich immer noch im Wahlkampf wähnt und es irgendjemanden zeigen will. Jedenfalls entspricht sein unüberlegter Aktionismus nicht dem Verhalten, das man von einem zukünftigen Kanzler erwartet. Ist er schon jetzt überfordert ?

  • Es wäre interessant und erschreckend, wie man internationales Recht - Völkerrecht - nach Lust und Laune interpretieren, ignorieren, mit den Füßen treten kann.

  • Merz hat einfach keinerlei Ahnung und prescht ständig ohne Plan voran. Das werden schlimme 4 Jahre - und danach will ich’s gar nicht wissen. Er hätte niemals Kanzlerkandidat werden dürfen!

    • @Kofi Camino:

      Ich bin mir inzwischen garnicht mehr sicher, dass Merz' neuesten Aktionen völlig ahnungslos und ungeplant waren. Es ist schon ein Drehbuch erkennbar. Dann wäre es allerdings massive Wählertäuschung.

    • @Kofi Camino:

      Er hätte niemals Kanzlerkandidat werden dürfen.... genau, aber er hatte doch gar keine andere Chance, mit dieser CDU im Nacken, die ihm begeistert bedingungslos folgt... *Ironie aus* ... bei solcher Gefogschaft ist ein autoritäres System ja regelrecht ein Muss... *Sarkasmus aus*