Internationaler Strafgerichtshof: Karim Khan tritt vorübergehend zurück
Dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. Eine Untersuchung läuft.
Die Vorwürfe gegen Khan wurden am Gerichtshof erstmals vor einem Jahr laut. Eine interne Untersuchung wurde nach wenigen Tagen eingestellt, weil sie zu dem Schluss kam, ein Fehlverhalten Khans läge nicht vor. Zudem wollte die entsprechende Frau keine Anzeige erstatten. Khan hat die Vorwürfe, wonach er die Mitarbeiterin unter anderem auf Dienstreisen zu sexuellen Handlungen gedrängt haben soll, von Beginn an entschieden bestritten.
Nach Ansicht des Chefanklägers sind sie Teil von gegen ihn gerichteten Angriffen und Drohungen – mit dem Ziel, seine Ermittlungen zu behindern und die Glaubwürdigkeit des Strafgerichtshofs zu untergraben.
Als die Vorwürfe vor genau einem Jahr erstmals bekannt wurden, geschah dies kurz vor Khans Ankündigung von Haftbefehlen gegen den israelischen Premier Benjamin Netanjahu und seinen einstigen Verteidigungsminister Joav Galant sowie die drei Hamas-Führer Mohammed Deif, Ismail Hanijeh und Jahia Sinwar wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Im November wurden diese schließlich erlassen.
Seitdem hat die Frage, ob der Haftbefehl gegen Netanjahu tatsächlich umgesetzt würde, zu Turbulenzen in den internationalen Beziehungen geführt. Europäische Regierungschefs wie Friedrich Merz bekräftigten, Netanjahu auf ihrem Territorium nicht zu verhaften; in Frankreich stritt man über dessen vermeintliche „Immunität“.
Ungarn, wo Premier Orbán Netanjahu als Erster den Rücken stärkte, kündigte anlässlich Netanjahus Besuch vor wenigen Wochen gar seine Mitgliedschaft im IStGH auf.
Der Gerichtshof, der 2027 sein 25-jähriges Jubiläum begeht, befindet sich derzeit ohnehin in einer schwierigen Lage: Laut einem AP-Bericht Mitte Mai hat Khan wegen der US-Sanktionen keinen Zugang mehr zu seinen E-Mails und Bankkonten. Und US-amerikanischem IStGH-Personal droht wohl bei einer Einreise die Verhaftung. Durch die Sanktionen soll der Gerichtshof derzeit kaum funktionsfähig sein.
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