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Internationale Medien über Pegida„Dunkelste rassistische Vorurteile“

Die Pegida-Demos sorgen in internationalen Medien für Aufsehen. Die warnen vor einer „nationalen populistischen Bewegung“ und freuen sich über die Gegendemos.

„Tiefstes Deutschland“ und Pegida mittendrin Bild: dpa

BERLIN taz/dpa/afp | Die Welt schaut auf Deutschland und auf Pegida: Der Aufstieg der islamfeindlichen Demonstrationen in Dresden sorgt inzwischen international für Aufsehen. Am Tag nach der 11. Pegida-Demonstration in Dresden titelten internationale Nachrichtenseiten wie BBC, Al-Dschasira und CNN mehrere Stunden mit dem Aufmarsch in Dresden.

Die britische Times schreibt über die Proteste: „Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg macht eine nationale populistische Bewegung ihr Recht geltend, sich offen über Ausländer zu beklagen – und das politische Establishment ist tief besorgt.“ Die US-amerikanische New York Times schreibt, die Proteste zeigten die Herausforderung an die „vielen Deutschen, die ihr Land als offen wahrnehmen und bereit sind, Flüchtlingen aus den Nahost-Kriegen Zuflucht zu geben“.

In Frankreich schreibt das zweitgrößte französische Nachrichtenmagazin L'Obs, die islamophobe Bewegung breite sich in Sachsen weiterhin aus, trotz zahlreicher Gegendemonstrationen und Botschaften von Politikern verschiedener Parteien, angefangen bei Angela Merkel.

In Spanien brachten die beiden wichtigsten Zeitungen das Thema am Dienstag groß mit Bild auf Seite eins. Die konservative El Mundo schrieb, Pegida sei dabei, „die dunkelsten rassistischen Vorurteile im tiefsten Deutschland aufzuwärmen.“ Die linksliberale El País schreibt, die Demos teilten das Land auf in Verfechter und Kritiker eines „Gemischs aus islamophoben, xenophoben und rassistischen Menschen sowie Bürgern, die das Gefühl haben, ihr Staat kümmere sich nicht mehr um sie.“

Die türkische Hürriyet brachte am Dienstag ein Foto vom unbeleuchteten Kölner Dom auf der Titelseite. Überschrift: „Verdunkelung der Islamophobie“. Auf seiner Internetseite meint das Blatt mit Blick auf die vielen Anti-Pegida-Demonstrationen: „Deutschland lässt Pegida nicht passieren.“ In der regierungsnahen Zeitung Aksam hieß es ähnlich: „Zorn gegen Islamophobie“.

Al-Hayat, eine der größten arabischen Tageszeitungen, sucht die Erklärung für die Demonstrationen in den steigenden Flüchtlingszahlen: „Pegida entstand, nachdem Deutschland zum Top-Ziel für Asylsuchende geworden ist. Es ist das zweibeliebteste Ziel der Migration in der Welt, nach den USA. Die Asylregeln von Deutschland gehören zu den günstigsten der Welt.“

Die konservative Zeitung Lidove noviny aus Tschechien äußert auch Verständnis für die Pegida-Demonstranten und meint, Ziel seien nicht Muslime als solche, „sondern das gesamte Regierungs- und Medienestablishment der Bundesrepublik“. Weiter heißt es: „Es ist das Problem einer Gesellschaft, in der die Schere zwischen den Meinungen der Eliten und den Meinungen eines immer größer werdenden Teils der Gesellschaft auseinandergeht.“

(Recherche: Sarah Emminghaus, Laila Oudray, Lalon Sander, Franziska Seyboldt, mit Material von dpa und afp)

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10 Kommentare

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  • Rassismus blieb nach 1945 -- in West und Ost -- unter der Decke. Eine eigenständige Überwindung der faschistischen Ideologie hat es bis heute nicht in Deutschland gegeben. Dafür müsste man die ökonomischen und nationalistischen Quellen und damit die spätbürgerliche Gesellschaftsordnung überwinden und aufheben. Damit sind bereits die wenigen bürgerlichen Demokraten, Christen, Kommunisten und Antifaschisten in Ostdeutschland gescheitert. In Westdeutschland verhinderte die politische Administration des Monopolkapitals, deren "Sozialpartner", mit dem Verbot der KPD 1956 eine antifaschistische und demokratische Umwälzung -- und damit eine demokratische Reform und Emanzipation der Gesellschaft in der BRD.

  • 4G
    442 (Profil gelöscht)

    Schade das ausländische Medien nicht unseren Bundespräsidenten zitieren. Der ist immer noch der höchste Repräsentant unseres Landes und hat zu Pegida und anderen Rechtspopulisten (AfD) klar Stellung bezogen.

  • "Was sagt das Ausland". Das hat den deutschen Konservativen schon immer umgetrieben - und jetzt auch wohl die TAZ.

  • Die Lidove noviny aus Tschecheien hat es ja wohl auf den Punkt gebracht - da werden die politisch Unzufriedenen in diesem Land mittels einer riesen Kampagne von Politik und Medien diskreditiert und eine nicht genehme politische Strömung ohne ernsthafte und differenzierte Debatte eleminiert. Ich sehe die politische Analyse von Herrn Hebel eher gemäßigt. Dieses Land ist kaputter, als man es sich erträumen mag. Wir brauchen noch mindestens 5 Legislaturperioden unter Mutti, damit die Menschen in diesem Land endlich aufwachen!

    • @themanwhostolehisownhorsetwice:

      "Die Phantasie der Angst ist jener böser, äffische Kobold, der dem Menschen gerade dann noch auf den Rücken springt, wenn er schon am schwersten zu tragen hat." Zitat Nietzsche,

      falls in der deutschen hochgelobten Kultur bekannt.

      Über die mangelnde Bildung vieler deutscher Staatsbürger mag man sich nur wundern.Deffiniere Abendland! Oder einmal anders:

      "Vierbeiner gut! Zweibeiner schlecht"! "Vierbeiner gut! Zweibeiner schlecht"! "Vierbeiner gut! Zweibeiner schlecht"!

      blökten die Schafe. Quelle: "Farm der Tiere" von George Orwell

      Sehenswert v.a. für Analphabeten, ganz eingängig.

      Gibt's auch als Trickfilm;)

  • Ja ein Nachrichtenüberblick ist immer interessant, aber warum werden nie das Positionspapier von Pegida als Grundlage der Berichte genommen?

    • @mwd:

      Das ist einfach. Es gibt ja eine Diskussion in Deutschland darüber, wie man mit Einwanderung und der Integration des Islam umgehen soll. Da existieren keineswegs Rede- oder Denkverbote. Und dass Deutschland keine isklamische Rechtsordnung bekommen soll, ist unbestrittener Konsens.

       

      Deswegen interessieren nicht die Positionspapiere von Pegida, sondern was die einzelnen Teilnehmer sagen. Und das ist leider in der Regel gepärgt von dumpfen Ressentiments gegen alles Fremde und gegen alle Veränderungen.

    • @mwd:

      Ich habe das Gefühl, die Wahrheit will keiner hören. Die Stimmung gegen Pegida ist dermaßen aufgeheizt, da bleibt die Wahrheit auf der Strecke. Besonders erstaunlich ist das, weil die Medien, Polizei, Verfassungsschutz vor einigen Monaten noch umfangreich gewarnt haben vor radikalen Muslimen, die in Deutschland Hass predigen, die deutsche Jugendliche für ihre schmutzigen Kriege gewinnen. Soll das jetzt alles revidiert werden ? Was sollen wir noch glauben ?

      • @Angelika Schroedter:

        Genau. Die Wahrheit bleibt auf der Strecke, denn: D hat ganz andere Probleme als die Islamisierung Deutschlands. Es braucht z. B. viel viel mehr Lehrer, Altenpfleger, Polizisten, Feuerwehrleute etc. etc. etc. Hier (!!!) brauen sich die Probleme der Zukunft zusammen. Jedoch, nichts dazu in den Medien oder auf den Demos. Alle diese Aspekte werden verdrängt und unter den Teppich gekehrt. Cui bono?

        Wenn man sich die Statistiken anschaut, sieht man, dass in den letzten Jahren die Einwanderer nicht (!!!) aus islamischen Ländern kamen, sondern aus Ost- und Südeuropa. Es wanderten sogar mehr Türken aus, als ein (2012 und 2013):

         

        http://www.stern.de/.../vermeintlicher-zuwanderungsboom...

         

        http://de.statista.com/.../hauptherkunftslaender-der.../

         

        In den Top 10 findet man kein islamisches Land. Von daher sollte die Frage schon erlaubt sein, wie sachlich die Pegida-Debatte derzeit verläuft. Jeder darf und soll demonstrieren, wenn´s friedlich ist. Erschreckend ist nur, dass diese Bewegung, die vom Osten Deutschlands ausgeht, nach Schuldigen sucht, die schon zu den Verlierern innerhalb der Gesellschaft gehören. Ich kann den Frust der Menschen im Osten verstehen, die Zustände sind alles andere als erfreulich. Klar, früher war die Stasi ganz einfach "das Böse", heutzutage - wo mit Gauck und Merkel 2 Ostdeutsche an der Spitze des Landes sind - herrscht Desorientierung bei der Suche nach den Verantwortlichen. Es ist immer einfacher nach unten zu treten, als sich den Mächtigen entgegenzustellen. Und DAS ist gefährlich und die Wahrheit, die auf der Strecke bleibt!