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Internationale Afghanistan-PolitikNeuer Repräsentant der UN in Kabul

Der norwegische Diplomat Kai Eide wird Nachfolger des Grünen-Politikers Tom Koenigs als UN-Sondergesandter in Afghanistan. Präsident Karsai ist zufrieden.

Kai Eide 2005 vor dem UN-Sicherheitsrat. Bild: UN

BERLIN taz UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am Freitag in New York den norwegischen Diplomaten Kai Eide zum neuen UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan ernannt. Zwar muss der UNO-Sicherheitsrat noch zustimmen, doch gilt dies als Formsache. Die Regierung in Afghanistan hat die Ernennung Eides bereits begrüßt.

Damit dürfte eine fast halbjährige Suche nach einem Nachfolger für den Deutschen Tom Koenigs enden. Der frühere grüne Frankfurter Stadtkämmerer, UN-Gesandte im Kosovo und in Guatemala sowie Menschenrechtsbeauftragte der rotgrünen Bundesregierung hatte im Oktober aus persönlichen Gründen seinen Abschied aus Kabul zum Jahresende 2007 angekündigt. Seitdem war der Posten vakant.

Die Neubesetzung zog sich auch deshalb so lange hin, weil insbesondere von der US-Regierung eine Aufwertung gewünscht worden war. Washington strebte einen "Superkoordinator" an, der diesen Posten nicht nur für die humanitäre Arbeit der Vereinten Nationen, sondern auch für den Militäreinsatz der Nato und für die politische Arbeit der EU übernehmen sollte. Mit dem britischen Politiker Paddy Ashdown, der eine Art Superkoordinator auf dem Balkan gewesen war, schien auch ein geeigneter Kandidat gefunden. Doch der afghanische Präsident Hamid Karsai legte bei Ban Ki Moon sein Veto ein. Karsai wird in seiner Heimat ohnehin als US-Marionette verspottet und fürchtet einen weiteren Macht- und Autoritätsverlust, sollte er im Schatten eines starken Koordinators stehen.

Als weiterer Negativpunkt galt Ashdowns Nationalität. Zwar hieß es in Kabuler Regierungskreisen offiziell, diese spiele keine Rolle. Doch die Briten sind in Afghanistan wegen ihrer kolonialen Versuche, das einstige Königreich am Hindukusch zu unterjochen, unbeliebt. Diese Unbeliebtheit wurde durch die inszenierte Ausweisung zweier britischer Diplomaten noch unterstrichen, denen Verletzung der afghanischen Souveränität vorgeworfen wurde. Ashdown zog schließlich Ende Januar seine Bewerbung zurück.

Der 59-jährige Eide ist im Unterschied zum Schwergewicht Ashdown ein lautloser Diplomat. Zuletzt war er politischer Direktor im Außenministerium in Oslo, davor UN-Gesandter auf dem Balkan sowie von 2002 bis 2006 Nato-Botschafter seines Landes. Als solcher ist er auch mit Afghanistan vertraut und im Sinne Washingtons wohl besser als der Menschenrechtspolitiker Koenigs in der Lage, UN- und Nato-Anliegen stärker zu koordinieren. Da Norwegen kein EU-Mitglied ist, kann Eide allerdings die von Washington gewünschte Koordinationsrolle für die EU nicht übernehmen. Die Taliban bezeichneten Eide in einer ersten Reaktion als Nato-Mann auf einem UN-Posten.

Das Nato-Mitglied Norwegen hat 500 Soldaten in Afghanistan stationiert, bisher überwiegend im relativ ruhigen Norden. 2006 wurden bei Protesten anlässlich des Karikaturenstreits in Afghanistan norwegische Fahnen verbrannt - sie waren mit dänischen Fahnen verwechselt worden. Auch an diesem Wochenende wurden Fahnen verbrannt.

Am Samstag demonstrierten in der westafghanischen Stadt Herat und am Sonntag im östlichen Dschalalabad mehrere tausend Afghanen friedlich gegen erneute Abdrucke der umstrittenen Mohammed-Karikaturen in dänischen Zeitungen sowie gegen einen angekündigten Koran-kritischen Film des niederländischen rechtspopulistischen Politikers Geert Wilders.

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