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Integrationswillig, aber nicht anerkannt

Studie Die Hälfte der türkischen Zuwanderer fühlt sich in Deutschland als Bürger zweiter Klasse

BERLIN epd | Zuwanderer aus der Türkei sowie ihre Nachkommen haben einen stark ausgeprägten Willen, sich in Deutschland zu integrieren. Mehr als zwei Drittel der Befragten wollten das „unbedingt und ohne Abstriche“, das geht aus der Studie „Integration und Religion aus der Sicht von Türkeistämmigen in Deutschland“ hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (87 Prozent) fühle sich zudem mit Deutschland verbunden.

Als Grundlage für eine gelungene Integration nannten mehr als 90 Prozent der Befragten die deutsche Sprache, die Beachtung der hie­sigen Gesetze (84 Prozent) sowie gute Kontakte zu Deutschen (76 Prozent). Die deutsche ­Kultur zu übernehmen wird als weniger bedeutsam angesehen, und auch eine Anpassung des ­Kleidungsstils spielt nur für ein Drittel der Befragten eine Rolle.

Zugleich fühlt sich gut die Hälfte der Zuwanderer und ihrer Nachkommen in Deutschland als Bürger zweiter Klasse. Sie hätten den Eindruck, sie seien nicht anerkannt und willkommen, egal wie sehr sie sich anstrengten, sagte der Religionssoziologe Detlef Pollack von der Universität Münster.

Viele haben außerdem das Gefühl, ihre Religion verteidigen zu müssen. Während 80 Prozent der Gesamtbevölkerung den Islam mit einer Benachteiligung der Frau assoziierten, teilen türkische Migranten diese Ansicht nur zu 20 Prozent. Und während in der Mehrheitsgesellschaft rund zwei Drittel den Islam mit Fanatismus und Gewaltbereitschaft gleichsetzen, sehen sie in ihrer Religion vor allem positive Eigenschaften wie Solidarität, Toleranz und Friedfertigkeit.

Zugleich halten 47 Prozent der Befragten die Befolgung muslimischer Gebote für wichtiger als die deutschen Gesetze. Bei einem kleineren Teil der ­Befragten (13 Prozent) habe sich ein fundamentalistisches Weltbild verfestigt, sagte Pollack.

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