Integration von Männern: Viele verlieren, was sie stützt
Eine Tagung in Schwerin nimmt das Weltbild geflüchteter Männer in den Blick. Denn oft stimmen Erwartungen und Realität in Deutschland nicht überein.
Die Diskrepanz zwischen Erfahrungen und Erwartungen und der Realität ist für Männer wie Sherif ein Problem: Sie sehen ihre männliche Identität in Frage gestellt. Vielen Geflüchteten aus Afghanistan, Irak, Eritrea, Gambia, Iran, macht das Angst. Und in Deutschland, wo sie ihr Leben verbringen möchten, finden sie kaum Hilfe.
Nur eine christliche Beratungsstelle in Kiel und ein auf fünf Monate angelegtes Projekt in Schwerin kümmern sich um diese Männer. „Sie gelten als nicht besonders schutzbedürftige Gruppe“, sagt Dirk Siebernik vom Bundesforum Männer (BFM), einem vom Familienministerium geförderten Interessenverband für Jungen-, Männer- und Väterpolitik.
Das will das BFM ändern und veranstaltet am Dienstag im Schweriner Landtag eine Fachtagung, die geflüchtete Männer in den Blick nimmt. Es geht um Rollen- und Familienbilder, um Gewalt und Konzepte zur Gewaltvermeidung und um die Lebenssituation der Männer.
Viele Männer verlieren, was sie stützt
Laut der bundesweit ersten Studie zum Leben männlicher Geflüchteter in Deutschland, die das Bundesforum im vergangenen Jahr durchgeführt hat, wollen die meisten jungen Männer zur Schule gehen, einen Beruf lernen, eine Familie gründen. Sie wollen engen Kontakt zu Deutschen und sich integrieren, ohne ihre Kultur aufgeben zu müssen. Aber all das gelingt eher selten. Vielmehr verlieren sie das, was sie noch stützt: ihre Familie.
Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden in Schwerin rund 70 junge Männer von ihren Frauen verlassen. Viele machen die Beratungsstellen für migrantische Frauen verantwortlich, wo sich die Frauen Hilfe vor ihren in manchen Fällen gewalttätigen Männern holten.
Ursache in der patriarchalen Gesellschaft
Die Männer verstünden nicht, dass der Grund in ihrem eigenen Verhalten liege, und die Ursache in der patriarchalen Gesellschaft, aus der sie selbst kämen, sagt Siebernik. Stichworte hier unter anderem: Zwangsverheiratungen, wirtschaftliche Abhängigkeit, dominante Familienstrukturen.
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