Integration und CDU: Union schießt Doppelpass ins Aus
Die Berliner CDU beschließt zwar einstimmig ein für ihre Verhältnisse liberales Integrationspapier. Aber die Bestrebungen für eine doppelte Staatsbürgerschaft scheitern.
Die politische Realität hat liberale Bestrebungen in der Berliner CDU zur Integrationspolitik eingeholt. Angeblich erfolgversprechende Pläne für eine doppelte Staatsbürgerschaft, den sogenannten Doppelpass, sind bei einem Kleinen Parteitag am Dienstagabend klar gescheitert. Dort beschloss die CDU zwar nach monatelangen Diskussionen einstimmig ein Konzept zur Integrationspolitik. Doch: "Wir wollen keine doppelte Staatsbürgerschaft als Regelfall und auch kein Ausländerwahlrecht, weil es die deutsche Staatsangehörigkeitt entwertet", sagte CDU-Landeschef Frank Henkel vor rund 60 Delegierten.
Für Emine Demirbüken-Wegner, die sich für den Doppelpass stark gemacht hatte, war es kein leichter Abend. Für alle sichtbar saß die türkeistämmige Landesparlamentarierin im Tagungspräsidium und musste ihre Gefühle beherrschen. Denn auch wenn sie das 45-seitige Konzept ansonsten für sehr fortschrittlich hält - die Aussagen zur Staatsbürgerschaft lehnt sie ab. "Ich als Doppelstaatlerin bin damit nicht einverstanden", sagte sie anschließend der taz. "Ich kann nur sagen, dass das Enkelkind von Helmut Kohl auch drei Staatsbürgerschaften hat."
Demirbüken-Wegner geht es dabei weniger um den Doppelpass an sich, sondern um Gleichbehandlung. Denn während EU-Bürger zwei Pässe haben können, müssen sich andere Migranten entscheiden. Für Demirbüken-Wegner ist das eine klare Ungleichbehandlung. So und noch stärker als "Diskriminierung" war das angeblich auch in ersten Konzeptentwürfen formuliert.
Das aber hatte keine Chance. "Ich kann ja nicht mit Gewalt etwas durchsetzen, was keine Mehrheit hat", sagte die CDU-Vize Monika Grütters der taz. Am Dienstagabend war sie bemüht, das Thema runter zu spielen: "Die Integrationspolitik entscheidet sich nicht an der doppelten Staatsbürgerschaft."
Nichts zu hören war beim Parteitag von Parteivize Thomas Heilmann. Er hatte im November Aufsehen erregt, als er sagte: "Wir brauchen den Islam und sollten ihn nicht bekämpfen."
Trotz des Rückschlags beim Doppelpass feierte Grütters die große Zustimmung für das Konzept. Sie begrüßte vor allem, dass sich Stimmen, die das Kopftuchtragen als verfassungsgefährdend festschreiben wollten, nicht durchsetzen konnten. Andere wollten aus dem Integrationskonzept ein Rückwanderungspapier machen. "Es ist noch nie bei uns im Landesverband ein Thema so intensiv diskutiert worden", sagte Grütters. Am Dienstag allerdings gab es nur eine Handvoll Wortmeldungen - es war sichtlich alles gesagt.
In der Unterzeile des mit "Gemeinsinn und Leistung" überschriebenen Konzepts spiegelt sich auch das neue Selbstbewusstsein der nach jahrelangen Streitereien wieder stabilisierten CDU: "Wie Berlin zum Vorbild für die erfolgreiche Eingliederung der Zuwanderer in die deutsche Gesellschaft wird". Klare Botschaft: Das Konzept soll nicht nur Regierungsprogramm sein, sondern auch Blaupause für Integration in ganz Deutschland.
Als Gastredner mochte Bundesinnenminister Thomas de Maizière da nicht widersprechen: "Die Berliner CDU ist - wieder - auf gutem Weg." Bis vor eineinhalb Jahren hatte sie von der Bundesebene fast nur Kritik wegen ihrer Zerstrittenheit zu hören bekommen.
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