piwik no script img

Insolvenz bei Solar MillenniumChefetage patzt, Unternehmen ist pleite

Nach der Insolvenz des einstigen Musterunternehmens Solar Millennium sprechen Gewerkschaften von schweren Managementfehlern. Die Firmenleitung habe sich "verzockt".

Vom Vorzeigebetrieb in die Insolvenz: Solar Millennium in Erlangen. Bild: dapd

NÜRNBERG/ERLANGEN dapd | Einen Tag nach Bekanntwerden der Zahlungsunfähigkeit des Erlanger Solarkraftwerkherstellers Solar Millennium erheben die Gewerkschaften schwere Vorwürfe gegen das Management. "Die Geschäftspolitik ist nicht so ganz durchsichtig und glücklich gewesen", sagte der DGB-Chef Mittelfranken, Stephan Doll. Wolfgang Niclas von der IG Metall warf der Führungsriege vor, sich mit zu hohen Risiken "verzockt" zu haben.

Solar Millennium hatte am Mittwoch mitgeteilt, beim Amtsgericht Fürth einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt zu haben. Grund seien Zahlungsschwierigkeiten, nachdem zwei Großprojekte nicht wie geplant abgeschlossen werden konnten.

Verzögerungen gab es beim Verkauf des US-Geschäfts an die Solarhybrid AG aus dem Sauerland. Für das Projekt Ibersol sei bisher kein Investor gefunden worden. Das Solarthermie-Kraftwerk hätte bis Ende 2013 in Spanien errichtet werden sollen.

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Volker Böhm der Insolvenzverwaltungskanzlei Schultze & Braun bestellt. Er will nun prüfen, ob der Geschäftsbetrieb weitergeführt werden kann. Von der Insolvenz sind nach Unternehmensangaben rund 60 Mitarbeiter betroffen.

Niclas sagte, das Management habe in den vergangenen vier Jahren in große Projekte mit "Glamour-Charakter" investiert, die hochriskant gewesen seien. Leider habe das Unternehmen aber keine ausreichenden finanziellen Rücklagen gehabt, um mögliche Flops kompensieren zu können. Dies sei unverantwortlich gewesen.

Solar Millennium ist nach dem Berliner Solarzellenhersteller Solon innerhalb einer Woche das zweite Unternehmen aus der zukunftsträchtigen Solarbranche, das in Zahlungsschwierigkeiten gekommen ist.

Niclas sieht vor allem den Preiskampf mit Billiglohnländern als Hauptproblem. "Sobald eine Technologie reif für die Massenproduktion wird, kann sie von Billiglohnländern übernommen werden." Erfolgreiche Unternehmen setzten daher nicht auf Masse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • E
    Efried

    Das Thema Technologie sollte hier auch besprochen werden. Mit Wirkungsgraden über 20% kann die Fotovoltaik, besonders an diesigen Standorten billliger sein als solarthermische Anlagen die auf klare Luft angewiesen sind. ich hoffe Entwickler von nicht optisch konzentrierenden Lösungen lassen sich aber nicht abhalten. Die Hype hierzulande hat alle ein bischen zu unvorsichtig und innovationsfeindlich werden lassen. Aber es gibt auch positive Nachrichten aus der Solarbranche. Dünne vorgespannte Gläser, der Verzicht auf Silber bei den "Stromabnehmern" und Alu-lose Befestigung sind am Weg die Rückzahlzeiten zu verkürzen.