Inselstreit zwischen Vietnam und China: Zu Wasser und auf der Straße

Normalerweise sind Demonstrationen in Vietnam nicht gestattet. Doch wenn sich der Protest gegen den Erzfeind China richtet, dann schon.

Während anti-chinesischer Proteste in Hanoi am Sonntag: Erinnerung an einen 1974 im Kampf um die Paracel-Inseln getöteten Offizier. Bild: reuters

PEKING taz | Solche Szenen gibt es in Hanoi nur selten. Eine wütende Menschenmenge steht in einem Park vor der chinesischen Botschaft der vietnamesischen Hauptstadt. Sie halten Plakate und Transparente in der Luft. Polizisten schirmen die Botschaft zwar weiträumig ab, schreiten aber nicht ein. Dabei sind Demonstrationen im kommunistisch geführten Vietnam normalerweise verboten. Doch wenn es um den Erzfeind und einstigen kommunistischen Bruderstaat China geht, drücken die vietnamesischen Behörden ausnahmsweise ein Auge zu.

Nachdem sich in der vergangenen Woche der Streit um die von beiden Staaten beanspruchten Paracel-Inseln im Südchinesischen Meer wieder zugespitzt hat, toleriert die vietnamesische Führung nun gezielt antichinesische Propaganda. Mit Aufschriften wie „China, zieh ab“ oder „China, stiehl nicht unser Öl“ zogen mehrere Hundert Demonstranten am Sonntag durch die Straßen von Hanoi bis zu einem Park gegenüber dem Gebäude der chinesischen Botschaft. Vietnamesische Medien berichten gar von tausenden Teilnehmern.

„Wir sind hier um die vietnamesische Souveränität und unser Territorium zu verteidigen“, skandierte Dang Quang Thang, ein 74-jähriger Veteran, der schon vor 40 Jahren im Krieg gegen China mitgekämpft hatte. Er sprach von der „größten anti-chinesischen Demonstration“, die er je in Hanoi gesehen hat.

Begleitet von rund 70 Schiffen hat China am vergangenen Wochenende eine seiner Ölbohrplattformen im Südchinesischen Meer in eine Region rund 220 Kilometer vor der Küste Vietnams verlegt.

Schiffe rammen sich gegenseitig

Hanoi sieht darin einen Verstoß gegen dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen. Peking hingegen verweist auf die Nähe der Plattform zu den Paracel-Inseln, die auf chinesisch Xisha-Inseln heißen und China für sich beansprucht. Das ist jedoch ebenfalls umstritten.

Als die chinesischen Schiffe dennoch damit begannen, die Plattform im Meer zu verankern, attackierten Boote der vietnamesischen Armee die Schiffe der Chinesen. Die Chinesen setzten Wasserwerfer ein. Dabei sollen sie sich gegenseitig gerammt haben. Es gab auf beiden Seiten Verletzte.

China beansprucht das gesamte Südchinesische Meer für sich und kontrolliert die Paracel-Inseln seit 1973. Damals hatten chinesische Einheiten vietnamesische Kräfte vom Westteil des Archipels vertrieben. Das markierte endgültig den Bruch der beiden kommunistischen Staaten, die sich bereits in den Jahren zuvor einen ideologischen Streit um die “wahre Lehre“ lieferten. Er mündete im Februar 1979 in einen Krieg mit Zehntausenden Toten auf beiden Seiten. Bis heute sind sich beide Staaten spinnefeind geblieben.

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