Insektenplage aus Japan: Ein richtiger Mistkäfer!

Der Japankäfer hat die Alpen überschritten und bedroht Golfplätze und Gurken. Dabei sieht er hübsch aus, aber eigentlich müssen wir uns sorgen.

Japankäfer auf einem grünen Blatt mit Frassspuren

Japankäfer (Popilia Japonica) Foto: Ivan Kuzmin/imageBROKER/imago

Reisende aus Italien sollen auf einen „meldepflichtigen, prioritären Quarantäneschadorganismus“ achten – das ist keine Warnung des RKI, sondern des JKI, des Julius Kühn-Instituts für Kulturpflanzen, und zur Abwechslung geht es nicht um das Coronavirus, sondern um einen handfesteren Unhold, den Japankäfer.

Popillia japonica stammt zwar aus Japan, hat aber in Nordamerika und in Italien bereits beachtliche Verheerungen angerichtet. Rund 300 Pflanzenarten verputzt er, und weil er sich schnell massenhaft vermehrt, wächst bald kein Gras mehr, wo er mit seinen sechs Beinchen hintritt. Dabei legt der Japankäfer ein empörend schlechtes Benehmen an den Tag. Nicht nur, dass er den ästhetisch fragwürdigen „Skelettfraß“ praktiziert, mit großer Freude macht er sich über Wein, Eiche und sogar Spargel und Erdbeere her, er skelettiert also die deutsche Volksseele. „Vor allem gepflegte Rasen“ liebt er – das Vieh will uns an die Golfplätze!

Jüngst ist ein Käfermännchen in eine Insektenfalle im Norden der Schweiz getappt, also nördlich der Alpen. Genau die darf das Insekt nicht überqueren, wenn wir unseren englischen Rasen ohne hässliche japanische Flecken wollen. Daher werden Baden-Württemberger nun aufgefordert, auf verdächtige Käfer zu achten, diese festzunehmen und den zuständigen Behörden auszuliefern. Ehe jetzt in einer großen schwäbischen Käfer-Kehrwoche unsere ohnehin schon geschwächte Insektenfauna komplett weggefegt wird, bitte genau hinschauen: Der Japankäfer sieht aus wie die Taschenbuchausgabe des Juni- oder Gartenlaubkäfers, ist von diesem aber gut unterscheidbar durch sein charakteristisches Abwehrverhalten: Er spreizt bei Störung die Hinterbeine seitlich ab. Also bitte erst den Ärger-Test machen vor dem Eintüten!

Die Vorstellung, dass demnächst Tausende Württemberger besorgt auf kleinen Käfern herumtippen, hat etwas Betörendes. Zumal die Tierchen nett aussehen, mit weißen Haarbüscheln und gold-grün schimmerndem Halsschild. Auf die Diskussionen, ob der prioritäre Schadorganismus noch Japankäfer heißen darf oder Deltakäfer genannt werden muss, dürfen wir uns schon freuen. Schließlich kann er nichts dafür, er wird halt vom Menschen verschleppt. Fast hätten wir also doch noch eine Lanze für ihn gebrochen, da meldet die Saarbrücker Zeitung am Donnerstag, dass er „vermutlich die Gurken-Strecke im Garten von Hildegard Juhlke kahlgefressen“ hat. Im Saarland, also quasi in Deutschland! Genug, Japankäfer, und keinen Schritt weiter!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.