Inoffizielle EM der Skateboarder: Style, nicht Ellenbogen

Bei der Berlin Open messen sich Skateboarder drei Tage lang. Das verläuft ziemlich solidarisch und entspannt – obwohl es auch um viel Geld geht.

Ganz schön glatt, so ein Geländer: Teilnehmer der Berlin Open Foto: Maksim Kalanep

Die Skater sind so cool, wie sie immer schon cool waren: zu lange T-Shirts, sorgfältig achtlose Mützen, mehrheitlich gelungene Tattoos. Das sind also die Jungs, die schon vor zehn, fünfzehn Jahren auf dem Schulhof cool waren: Sie durften ein Board haben und hatten keine Eltern, die sich sorgten, weil man zu viel fällt.

Sie fallen immer noch ziemlich viel am vergangenen Wochenende in der Skatehalle Berlin auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain. Das sieht nicht mehr ganz so lässig aus – aber falls es wehtut, zeigen die Jungs es nicht. 70 eingeladene Top-Skater aus Europa und ein bisschen Übersee messen sich hier auf der Berlin Open, die als inoffizielle Skateboard-EM beworben wird. Und für die Sieger einträglich ist: Insgesamt 20.000 Euro Preisgelder ist das Ganze einem Sponsor wert.

Inoffizielle Europameisterschaft, das ist natürlich einer dieser Marketing-Namen, um ahnungslosen Kindern strengerer Eltern das Ganze greifbarer zu machen. In der Skatehalle auf dem RAW-Gelände guckt auf die Platzierungen hinterher kein Mensch. Nicht mal die Skater selbst, die sich am Ende so zeugnisvergabemäßig ewig ausrufen lassen, um dann mittelmäßig interessiert zu ihrem fünften Platz zu trotten (die drei Erstplatzierten sind allerdings sehr schnell bei ihren Schecks). Dafür gibt es viel solidarische Gettofaust und gegenseitigen Applaus für gelungene Tricks.

Es geht um Style, nicht um Ellenbogen. Nette Szene. Man kennt sich. Wer Wettbewerbsfeeling sucht, ist falsch.

Sieht unspektakulär aus

Im Skatepark befahren die Starter drei Tage lang einen Parcours aus Treppen, Geländern, Betonkanten. Eine vierköpfige Jury bewertet die Sprünge nach den Kategorien „Konsistenz“, „Schwierigkeit“ und „Style“. Als Laie ist die Bewertung so hoffnungslos wie Goethe für Analphabeten: Was die Jungs, meist im Alter zwischen 20 und 30, da springen, sieht eher unspektakulär aus. Es gibt lange, anstrengende Pausen, keine Punktenennung, und wenn was gut aussieht, ist es das noch lange nicht.

„Auf so hohem Niveau sind die Unterschiede marginal“, sagt Daniel Kalthoff vom Organisationsteam. Natürlich spiele da viel persönlicher Geschmack eine Rolle. Hilfreich ist dafür der Ansager, der laut „Oh“ und „Yeah“ macht – man muss dann nur noch rausfinden, welchen der parallel fahrenden Skater er meint.

„Auf so hohem Niveau sind die Unterschiede marginal“, sagt Daniel Kalthoff vom Organisationsteam.

Das Publikum, offiziell 2.500 Leute von Freitag bis Sonntag zusammen, nimmt das fachkundig hin. Es sind viele Skater, viele Freunde der Antretenden, viel alternative RAW-Crowd. „Es hat sich mittlerweile in Europa herumgesprochen, dass wir einer der gechilltesten Contests sind“, sagt Daniel Kalthoff. Gechillt meint in diesem Fall wenig Show-Elemente, nicht für die große Masse gedacht. „Es ist schon sehr eng auf Skater ausgerichtet.“ Nichts für die uncoolen Kids also.

So’ne Art Happening

Die mittlerweile vierte Berlin Open ist mehr eine Art Happening: Man hockt mal drinnen, mal draußen, trinkt Bier, nuckelt am Tortilla Wrap und guckt ein bisschen Skateboard. Regeln sind eher so Leitlinien. Beim Best-Trick-Contest kündigt der Moderator ungefähr zehn Minuten lang aufs Neue die letzte Minute an und wird gelassen überhört.

Beim Finale spazieren manche, als hätten sie drei Stunden statt zwei Minuten, und kriegen ihre Zeit. Das meiste Geld machen sie hier sowieso mit ihren Sponsorenverträgen: Alle Jungs – kein einziges Mädchen hatte sich angemeldet – tragen Shirts, Kappe, Schuhe eines Unternehmens.

Auf den Contests bewerben sie deren Produkte, auf ihren Websites verkaufen sie sie; wer sich gut genug in Szene setzt, kann davon leben. In Deutschland könnten das 15 bis 20 Leute, schätzt Daniel Kalthoff. Berlin sei eine der Skate-Hauptstädte Europas.

Vier Berliner schaffen es ins Finale. Den ersten Platz holt allerdings ein Argentinier, ein gewisser Matias Dell Olio aus den Reihen des Hauptsponsors. Er freut sich ganz konventionell mit Pokal, Konfettiregen, Schampus. Bei 6.000 Euro Preisgeld ist Spießigkeit dann doch schon okay.

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